„ Jesus spricht zu ihm: Thomas, du glaubst, weil du mich gesehen hast; glückselig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ Johannes 20:29
„Der Hauptmann, der sich wünschte, dass Christus kommt und seinen Diener heilt, fühlte sich unwürdig, Jesus unter sein Dach kommen zu lassen; sein Glaube an die Macht Christi war so stark, dass er ihn bat, nur ein Wort zu sagen, und die Arbeit würde getan werden. „Als Jesus das hörte, wunderte er sich und sagte zu denen, die ihm folgten: Wahrlich, ich sage euch: Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemand gefunden. Und ich sage euch: Viele werden von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen. Die Kinder des Reiches aber werden in die äußere Finsternis hinausgeworfen werden; da wird sein Heulen und Zähneklappern. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde in derselben Stunde gesund.“ 4T 233.1
„Hier stellte Jesus den Glauben dem Zweifel gegenüber. Er zeigte, dass die Kinder Israels wegen ihres Unglaubens straucheln würden, was zur Ablehnung großen Lichts führen und ihre Verdammung und ihren Sturz zur Folge haben würde. Thomas erklärte, dass er nicht glauben würde, wenn er nicht seinen Finger in die Nägelmale und seine Hand in die Seite seines Herrn legen würde. Christus gab ihm den Beweis, den er sich wünschte, und tadelte dann seinen Unglauben: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ 4T 233.2
„In diesem Zeitalter der Finsternis und des Irrtums scheinen Menschen, die sich als Nachfolger Christi bezeichnen, zu glauben, dass es ihnen freisteht, die Diener des Herrn nach Belieben anzunehmen oder abzulehnen, und dass sie dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Unglaube und Finsternis führen sie dazu. Ihr Empfinden ist durch ihren Unglauben abgestumpft. Sie verletzen ihr Gewissen, werden ihren eigenen Überzeugungen untreu und schwächen ihre moralische Kraft. Sie betrachten andere im gleichen Licht wie sich selbst. 4T 233.3
Warum war Abrahams Zeugnis so wichtig, dass es in das Johannesevangelium aufgenommen wurde? (Gen 12,3; Gen 18,16-18; Gen 26,4; Mt 1,1; Apg 3,25.)
Jesus fuhr fort und hob dabei den krassen Gegensatz hervor, der zwischen dem Verhalten der Juden und dem Verhalten Abrahams bestand: “Abraham, euer Vater, ward froh, daß er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich.” Johannes 8,56. LJ 464.3
Abraham hatte sehnlichst danach verlangt, den verheißenen Heiland zu schauen. Mit allem Ernst hatte er darum gebetet, noch vor seinem Tode den Messias sehen zu dürfen. Und er sah Christus. Ihm wurde eine übernatürliche Erkenntnis zuteil, und er begriff das göttliche Wesen Jesu. Er sah das Leben Christi vor sich und freute sich; denn er erhielt einen Einblick in das göttliche Sühnopfer für die Sünde. In seiner eigenen Erfahrung gab es eine Erläuterung für dieses Opfer. Ihm war befohlen worden: “Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du liebhast ... und opfere ihn ... zum Brandopfer.” 1.Mose 22,2. Auf den Opferaltar legte er den verheißenen Sohn, ihn, auf den sich alle seine Hoffnungen gründeten. Als er dann neben dem Altar mit erhobenem Messer stand, um Gott zu gehorchen, hörte er eine Stimme vom Himmel zu ihm sprechen: “Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts; denn nun weiß ich, daß du Gott fürchtest und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen.” 1.Mose 22,12. Diese schreckliche Heimsuchung wurde Abraham auferlegt, damit er den Tag Christi schauen und die große Liebe Gottes zur Welt verstehen könnte, eine Liebe, die so groß war, daß Gott seinen eingeborenen Sohn in einen außerordentlich schmachvollen Tod dahingab, um die Welt vor dem Verderben zu retten. LJ 464.4
Abraham lernte von Gott die wichtigste Lektion, die jemals einem Sterblichen zuteil wurde. Sein Gebet, Christus noch bei Lebzeiten schauen zu dürfen, fand Erhörung. Er sah Christus und all das, was ein Sterblicher sehen kann, ohne deswegen sterben zu müssen. Weil er sich völlig Gott ausgeliefert hatte, konnte er verstehen, was ihm von Christus offenbart wurde. Ihm wurde gezeigt, daß Gott durch die Dahingabe seines eingeborenen Sohnes zur Errettung der Sünder vom ewigen Tode ein größeres und bewundernswerteres Opfer brachte, als es je ein Mensch erbringen könnte. LJ 465.1
Auf Grund seines eigenen Leides war Abraham in der Lage, das Opfer Christi zu begreifen. Israel aber wollte nicht verstehen, was ihren stolzen Herzen so unwillkommen war. Christi Aussage über Abraham beeindruckte seine Zuhörer überhaupt nicht. Den Pharisäern bot sie lediglich einen weiteren Anlaß zu spitzfindigen Einwänden. Höhnisch antworteten sie ihm, als wäre er geistesgestört: “Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen?” Johannes 8,57. LJ 466.1
Mit feierlichem Ernst antwortete Jesus: “Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe denn Abraham ward, bin ich.” Johannes 8,58. LJ 466.2
Welche Bedeutung hatte Marias Handeln hier? Inwiefern war dies ein Zeugnis dafür, wer Jesus wirklich war? (Siehe Johannes 12:1–3.)
„Da nahm Maria ein Pfund Salböl aus Narden, das sehr kostbar war, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt.“ Maria hatte dieses Salböl schon lange aufbewahrt; es schien keine passende Gelegenheit zu geben, es zu verwenden. Aber Jesus hatte ihr die Sünden vergeben, und sie war von Liebe und Dankbarkeit für ihn erfüllt. Der Friede Gottes war auf ihr, ihr Herz war voller Freude; und sie sehnte sich sehr danach, etwas für ihren Erlöser zu tun. Sie beschloss, ihn mit ihrem Salböl zu salben. Sie dachte, die Salbe gehöre ihr und sie könne damit machen, was sie wolle, und so war es in gewisser Weise auch. Aber da sie nicht zuerst Christus gehört hatte, konnte sie nicht ihr gehören. RH 7. August 1900, Abs. 2
Um nicht beobachtet zu werden, salbte Maria Christus' Kopf und Füße mit der kostbaren Salbe und trocknete seine Füße mit ihrem langen, wallenden Haar. Als sie jedoch die Dose öffnete, erfüllte der Geruch der Salbe den Raum und offenbarte allen Anwesenden ihre Tat. Da sprach einer seiner Jünger, Judas Iskariot, Simons Sohn, der ihn verraten sollte: „Warum wurde diese Salbe nicht für dreihundert Denare verkauft und den Armen gegeben?“ Judas betrachtete Marias Tat mit großem Missfallen. Anstatt abzuwarten, was Christus zu dieser Angelegenheit sagen würde, begann er, seinen Unmut denjenigen zuzuflüstern, die in seiner Nähe standen, und warf Christus vor, eine solche Verschwendung zuzulassen. „Warum wurde dieses Öl nicht verkauft und der Erlös den Armen gegeben?“, sagte er. Geschickt machte er Vorschläge, die bei den Anwesenden wahrscheinlich Unzufriedenheit wecken und auch andere zum Murren bringen würden ...“ RH 7. August 1900, Abs. 3
„Maria hörte die kritischen Worte und spürte die abfälligen Blicke, die auf sie gerichtet waren. Ihr Herz zitterte in ihrer Brust. Sie fürchtete, dass ihre Schwester ihr Verschwendung vorwerfen würde. Auch der Meister könnte sie für unvorsichtig halten. Ohne Entschuldigung oder Rechtfertigung wollte sie sich zurückziehen, aber die Stimme ihres Herrn war zu hören: „Lasst sie in Ruhe; warum belästigt ihr sie?“ Er sah, dass sie verlegen und verzweifelt war. Er wusste, dass sie mit der gerade geleisteten Tat ihre Dankbarkeit für die Vergebung ihrer Sünden zum Ausdruck gebracht hatte, und er brachte Erleichterung in ihre Gedanken. Er erhob seine Stimme über das Murren der Kritik und sagte: „Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn die Armen habt ihr immer bei euch, und wann immer ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht immer.“ RH 7. August 1900, Abs. 6
„Sie hat getan, was sie konnte“, fuhr Christus fort; ‚sie ist mir zuvorgekommen, um meinen Leib für das Begräbnis zu salben.‘ Jesus wusste, dass Maria und ihre Begleiter, wenn sie zum Grab gehen würden, um ihn zu salben, keinen toten Erlöser vorfinden würden, dessen Körper ihrer liebevollen Pflege bedurfte, sondern einen lebendigen Christus. RH 7. August 1900, Abs. 7
„Maria konnte ihren Anklägern keine Antwort geben. Sie konnte nicht erklären, warum sie Christus bei dieser Gelegenheit gesalbt hatte. Aber der Heilige Geist hatte für sie geplant. Inspiration hat keine Gründe zu geben. Als unsichtbare Gegenwart spricht sie zu Geist und Seele und bewegt die Hand zum Handeln. So werden viele Handlungen durch die Kraft des Heiligen Geistes ausgeführt.“ RH 7. August 1900, Abs. 8
Wie hängt das Urteil des Pilatus mit dem Thema des Johannesevangeliums zusammen? Johannes 18:38, Johannes 19:4–22.
Pilatus war äußerst verwundert über die grenzenlose Geduld Jesu. Er hatte nicht daran gezweifelt, daß der Anblick dieses Mannes — im Gegensatz zu Barabbas — die Sympathie der Juden erwecken würde. Doch er verstand nicht den leidenschaftlichen Haß der Priester gegen den, der als das Licht der Welt ihre Finsternis und ihren Irrtum offenbar gemacht hatte. Sie hatten das Volk zu irrer Wut aufgestachelt, und erneut stimmten Priester, Oberste und das Volk den entsetzlichen Ruf an: “Kreuzige! kreuzige!” Da verlor Pilatus die Geduld mit ihrer vernunftwidrigen Grausamkeit und rief verzweifelt aus: “Nehmt ihr ihn hin und kreuzigt ihn, denn ich finde keine Schuld an ihm.” Johannes 19,6. LJ 735.3
Der an Grausamkeiten gewöhnte römische Landpfleger hatte Mitleid mit dem leidenden Gefangenen, der — verurteilt und gegeißelt, mit blutender Stirn und mit zerschundenem Rücken — selbst jetzt noch die Haltung eines Königs auf seinem Thron bewahrte. Doch die Priester erklärten: “Wir haben ein Gesetz, und nach dem Gesetz muß er sterben, denn er hat sich selbst zu Gottes Sohn gemacht.” Johannes 19,7. LJ 736.1
Pilatus erschrak. Er besaß noch keine genaue Vorstellung von Jesus und seiner Aufgabe; aber in ihm regte sich ein unbestimmbarer Glaube an Gott und an Wesen, die mehr als Menschen sind. Ein Gedanke, der ihn schon einmal beschäftigt hatte, nahm jetzt deutliche Gestalt an. Er fragte sich, ob dieser Mensch, der vor ihm stand, bekleidet mit dem Purpur des Spottes und der Krone aus Dornen, nicht ein göttliches Wesen sein könne. LJ 736.2
Erneut ging er zurück in das Richthaus und fragte den Herrn: “Woher bist du?” Johannes 19,9. Jesus aber antwortete ihm jetzt nicht. Der Heiland hatte offen mit Pilatus gesprochen und seine Aufgabe als Zeuge für die Wahrheit erläutert; doch Pilatus hatte das Licht verachtet. Er hatte sein hohes Richteramt mißbraucht, indem er seine Grundsätze und seine Autorität den Forderungen der Volksmenge opferte. Jesus konnte ihm keine weitere Erkenntnis vermitteln. Über Jesu Schweigen verärgert, sagte Pilatus hochmütig: “Redest du nicht mit mir? Weißt du nicht, daß ich Macht habe, dich loszugeben, und Macht habe, dich zu kreuzigen?” LJ 736.3
Jesus antwortete: “Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht wäre von oben her gegeben. Darum: der mich dir überantwortet hat, der hat größere Sünde.” Johannes 19,10.11. LJ 736.4
So entschuldigte der mitleidvolle Erlöser inmitten seines größten Leides und Schmerzes soweit als möglich die Handlungsweise des römischen Statthalters, der ihn zur Kreuzigung auslieferte. Welch ein Bild, das der Nachwelt für alle Zeit überliefert werden sollte! Welch ein Licht wirft es auf den Charakter dessen, der der Richter aller Welt ist! LJ 736.5
“Darum: der mich dir überantwortet hat”, sagte Jesus, “der hat größere Sünde.” Damit meinte Jesus den Kaiphas, der als Hoherpriester das jüdische Volk repräsentierte. Die Priester kannten die Grundsätze, die für die römischen Machthaber galten. Dazu besaßen sie die Erkenntnis aus den Weissagungen, die sich auf den Messias bezogen, sowie aus seinen eigenen Lehren und seinem Wirken. Die jüdischen Richter hatten unmißverständliche Beweise für die Göttlichkeit dessen erhalten, den sie zum Tode verurteilten. Und nach ihrer Erkenntnis werden sie gerichtet werden. LJ 736.6
Lesen Sie Johannes 20,19-31. Was können wir aus der Geschichte des Thomas über Glauben und Zweifel lernen? Welchen großen Fehler machte Thomas?
Während dieser Zeit hatte Thomas wiederholt erklärt: “Wenn ich nicht in seinen Händen sehe die Nägelmale und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich’s nicht glauben.” Johannes 20,25. Er wollte nicht durch die Augen seiner Brüder sehen oder einen Glauben üben, der sich auf ihr Zeugnis stützte. Er liebte seinen Herrn von ganzem Herzen; aber er hatte Eifersucht und Unglauben in sein Herz und in seine Gedankenwelt eindringen lassen. LJ 808.4
Jesus nahm sein Bekenntnis an, tadelte ihn aber mit freundlicher Milde wegen seines Unglaubens: “Weil du mich gesehen hast, Thomas, so glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!” Johannes 20,29. Der Glaube des Thomas hätte den Heiland mehr gefreut, würde er dem Zeugnis seiner Brüder geglaubt haben. Folgte die Welt heute dem Beispiel des Thomas, dann glaubte niemand an die Erlösung; denn alle, die Christus annehmen, müssen sich auf das Zeugnis anderer stützen. LJ 809.3
Viele, die zum Zweifel neigen, entschuldigen sich damit, daß sie behaupten, sie würden gewiß glauben, wenn sie den Beweis bekämen, den Thomas von seinen Gefährten bekommen hatte. Sie erkennen aber nicht, daß sie nicht nur diesen Beweis, sondern noch weitaus mehr Zeugnisse haben. Viele, die ähnlich wie Thomas darauf warteten, daß ihnen jeder Anlaß zum Zweifel aus dem Wege geräumt wird, werden nie ihre Wünsche verwirklicht sehen. Allmählich werden sie immer tiefer in den Unglauben verstrickt. Wer sich dazu erzieht, nur auf die schwierige Seite zu schauen, zu murren und zu klagen, erkennt nicht, was er tut. Er sät den Samen des Zweifels und wird auch eine Ernte des Zweifels einbringen. In einer Zeit, in der Glaube und Vertrauen besonders wichtig sind, werden sich auf diese Weise viele außerstande sehen, zu hoffen und zu glauben. LJ 809.4
Durch sein Verhalten gegenüber Thomas gab Jesus seinen Nachfolgern eine gute Lehre. Sein Beispiel zeigt uns, wie wir die Glaubensschwachen und die Zweifler behandeln sollen. Jesus überhäufte Thomas nicht mit Vorwürfen, noch ließ er sich mit ihm in Streitfragen ein. Er offenbarte sich dem Zweifelnden. Thomas hatte äußerst unvernünftig gehandelt, als er vorschrieb, unter welchen Bedingungen er glauben wolle; Jesus aber brach durch seine großmütige Liebe und Rücksicht alle Schranken nieder. Der Unglaube wird selten durch Wortgefechte überwunden. Er greift gewöhnlich zur Selbstverteidigung und findet immer neue Unterstützung und Entschuldigungsgründe. Doch laßt Jesus in seiner Liebe und Barmherzigkeit als den gekreuzigten Heiland offenbart werden, und viele einst unwillige Lippen werden das Bekenntnis des Thomas nachsprechen: “Mein Herr und mein Gott!” LJ 810.1
Was haben wir heute, was die Menschen zur Zeit Jesu nicht hatten und was uns helfen sollte, zu glauben? (Siehe z. B. Matthäus 24:2, Matthäus 24:14, Matthäus 24:6–8.)
Dieser Mann des Glaubens schaute — wie einst Jakob im Traum — die Himmelsleiter als ein Sinnbild auf Christus, der die Erde mit dem Himmel, den vergänglichen Menschen mit dem unvergänglichen Gott verbunden hat. Sein Glaube wurde gestärkt, als er sich daran erinnerte, wie sich schon die Patriarchen und Propheten auf den verlassen hatten, der auch seine Stütze und sein Trost war, und für den er nun sein Leben hingab. Von diesen heiligen Männern, die im Laufe der Jahrhunderte Zeugnis für ihren Glauben abgelegt hatten, empfing er die Gewißheit, daß Gott treu ist. Von seinen Mitaposteln, die um des Evangeliums willen vor jüdischem Fanatismus, heidnischem Aberglauben, Verfolgung und Verachtung nicht zurückgeschreckt waren und ihr Leben nicht geschont hatten, wenn inmitten geistlicher Finsternis das Licht vom Kreuz hochgehalten werden mußte, vernahm er das klare Zeugnis, daß Jesus Gottes Sohn und der Welt Heiland sei. Von Folterstätten und Scheiterhaufen, aus Kerkern, Höhlen und Klüften der Erde drang der Siegesruf der Märtyrer an sein Ohr. Er hörte das Bekenntnis jener Standhaften, die, obwohl sie verlassen, verfolgt und gepeinigt waren, dennoch furchtlos und ernst ihren Glauben bezeugten und sprachen: “Ich weiß, an wen ich glaube!” Die um ihres Glaubens willen ihr Leben hingaben, bekundeten damit vor der Welt, daß der, dem sie vertrauten, sie zu erretten vermag. WA 507.3
Durch das Opfer Christi losgekauft, in seinem Blut von der Sünde reingewaschen und mit seiner Gerechtigkeit bekleidet, trug Paulus in sich die Gewißheit, daß er in den Augen des Erlösers kostbar war. Sein Leben war verborgen mit Christus in Gott. Er war überzeugt, daß der, der den Tod überwunden hat, auch bewahren wird, was ihm anvertraut ist. Er klammerte sich an die Verheißung des Heilandes: “Ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage.” Johannes 6,40. Seine Gedanken und seine Hoffnung waren auf die Wiederkunft seines Herrn gerichtet. Als das Schwert des Scharfrichters fiel und die Schatten des Todes den Märtyrer umfingen, war sein letzter Gedanke — der bei jenem großen Erwachen auch sein erster sein wird —, daß er dem Herrn des Lebens begegnen werde, der ihn zur Freude der Gesegneten willkommen heißen wird. WA 508.1
Viele Jahrhunderte sind verstrichen, seitdem der betagte Paulus sein Blut als Zeuge für das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi vergoß. Keine treue Hand hat den nachfolgenden Geschlechtern über die letzten Stunden dieses heiligen Mannes genau Bericht erstattet. Durch den Heiligen Geist wurde uns aber sein letztes Zeugnis aufbewahrt. Einem Posaunenton gleich erklang seither seine Stimme durch alle Zeiten. Tausende von Zeugen Christi wurden von seinem Mut beseelt, und in aber Tausenden von schwerbeladenen Herzen wurde ein Widerhall seiner siegesgewissen Freude erweckt: “Ich werde schon geopfert, und die Zeit meines Abscheidens ist vorhanden. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten; hinfort ist mir bereit die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tage geben wird, nicht mir aber allein, sondern auch allen, die seine Erscheinung liebhaben.” 2.Timotheus 4,6-8. WA 508.2
Obwohl sich Menschen millionenfach gegenseitig umbringen, um sich vom Joch einer anderen Nation zu befreien, befreite Moses das alte Israel ohne einen einzigen Toten. Wir sollten jetzt wissen, dass der Glaube Berge versetzt, während Zweifel Nationen ruinieren. Wir sollten nicht länger dumm und träge sein und alles glauben, was die Propheten geschrieben haben (Lu. 24:25). „Glauben“ war das Motto Jesu, und es sollte auch das unsere sein. Zweifler werden niemals in sein Königreich eintreten.
Beim Buch Mose, dem Anfang der biblischen Geschichte, beginnend, erklärte ihnen Christus alle Schriftstellen, die sich auf ihn bezogen. Hätte er sich ihnen sofort zu erkennen gegeben, so wären sie zufrieden gewesen, und in der Fülle ihrer Freude würden sie nichts weiter verlangt haben. Und doch war es für sie notwendig, die Sinnbilder und Weissagungen des Alten Testamentes, die auf Jesus hindeuteten, zu verstehen; denn darauf sollte ihr Glaube ja gegründet sein. Christus tat kein Wunder, um sie zu überzeugen, sondern er sah es als seine erste Aufgabe an, ihnen die heiligen Schriften zu erklären. Sie hatten seinen Tod als Vernichtung all ihrer Hoffnungen angesehen, und nun zeigte Jesus ihnen aus den Propheten, daß gerade sein Kreuzestod der stärkste Beweis für ihren Glauben sei. LJ 800.1
Indem Jesus jene Jünger lehrte, wies er auf die Wichtigkeit des Alten Testamentes hin als ein Zeugnis seiner Sendung. Viele vorgebliche Christen legen heute das Alte Testament beiseite und behaupten, daß es nicht mehr länger von Bedeutung sei. Doch dies lehrte Christus keineswegs. Er selbst schätzte es so hoch, daß er einmal sagte: “Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie auch nicht glauben, wenn jemand von den Toten aufstünde.” Lukas 16,31. LJ 800.2
Es ist Christi Stimme, die durch den Mund der Patriarchen und Propheten von Adam an bis zur Endzeit hin spricht. Der Heiland wird im Alten Testament genauso klar offenbart wie im Neuen Testament. Gerade das Licht der prophetischen Vergangenheit läßt das Leben Jesu und die Lehren des Neuen Testaments in aller Wahrheit und Schönheit hervortreten. Wohl ist Christi Wunderwirken ein Beweis seiner Gottheit; aber ein bedeutend stärkerer Beweis, daß er der Erlöser der Welt ist, wird durch den Vergleich der alttestamentlichen Weissagungen mit der Geschichte des Neuen Testamentes erbracht. LJ 800.3