„Er aber spricht zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten; er ist auferstanden, er ist nicht hier. Seht den Ort, wo sie ihn hingelegt hatten! Markus 16:6
„Saget seinen Jüngern und Petrus, daß er vor euch hingehen wird nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen.” Alle Jünger hatten den Herrn im Stich gelassen, und die Aufforderung, ihn wiederzutreffen, schloß sie alle ein; er hatte sie nicht verstoßen. Als Maria Magdalena ihnen verkündigte, daß sie den Herrn gesehen hatte, wiederholte sie die Aufforderung, ihn in Galiläa zu treffen. Zum dritten Mal gelangte die Botschaft zu ihnen durch die anderen Frauen, denen Jesus erschien, nachdem er zum Vater aufgefahren war. “Seid gegrüßt!” sagte er zu ihnen. “Und sie traten zu ihm und umfaßten seine Füße und fielen vor ihm nieder. Da sprach Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Gehet hin und verkündigt es meinen Brüdern, daß sie gehen nach Galiläa; daselbst werden sie mich sehen.” Matthäus 28,9.10. LJ 795.2
Nach seiner Auferstehung bestand Christi erste Aufgabe darin, seine Jünger von seiner unverminderten Zuneigung und liebevollen Rücksichtnahme ihnen gegenüber zu überzeugen. Er wollte ihnen beweisen, daß er ihr lebendiger Heiland war, der die Bande des Todes zerrissen hatte und den der Feind Tod nicht hatte halten können. Sie sollten erkennen, daß er dasselbe Herz voll Liebe besaß wie vorher, als er, ihr geliebter Meister, unter ihnen geweilt hatte. Deshalb erschien er ihnen immer wieder und schlang das Band der Liebe noch enger um sie. “Gehet hin und verkündigt es meinen Brüdern, daß sie gehen nach Galiläa.” LJ 795.3
Lies Markus 15:42-16:6. Was geschah hier und warum ist diese Geschichte so wichtig für die Auferstehungserzählung?
„Der Sabbat war vorüber, und Maria Magdalena kam früh am Morgen, als es noch dunkel war, zum Grab. Andere Frauen sollten sie dort treffen, aber Maria war die erste am Grab. Sie hatten die süßen Gewürze vorbereitet, um den Leichnam ihres Herrn zu salben. Die Frauen erschraken sehr und vergruben ihre Gesichter in der Erde, denn der Anblick der Engel war mehr, als sie ertragen konnten. Die Engel waren gezwungen, ihre Herrlichkeit noch mehr zu verbergen, bevor sie sich mit den Frauen unterhalten konnten. Die Frauen zitterten vor Ehrfurcht. Die Engel sagten: „Fürchtet euch nicht, denn ich weiß, dass ihr Jesus sucht, der gekreuzigt wurde. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt, seht den Ort, wo der Herr gelegen hat.“ [Matthäus 28:5, 6.] 12LtMs, Ms 115, 1897, par. 3
„Als Maria fand, dass der Stein von der Tür des Grabes weggerollt war, „lief sie hin und kam zu Simon Petrus und zu dem anderen Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Sie haben den Herrn aus dem Grab weggenommen, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Da ging Petrus hinaus und der andere Jünger und kam zu dem Grab. Und er bückte sich und sah hinein und sah die leinenen Kleider liegen; aber er ging nicht hinein. Da folgte Simon Petrus ihm nach und ging in das Grab und sah die leinenen Kleider liegen und das Tuch, das um sein Haupt lag, nicht bei den leinenen Kleidern, sondern zusammengebunden an einem Ort für sich. Da ging auch der andere Jünger hinein, der zuerst zu dem Grab gekommen war, und er sah und glaubte. Denn sie kannten die Schrift noch nicht, ....“ [Johannes 20:2, 3, 5-9.] „Du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen, und du wirst nicht zulassen, dass dein Heiliger die Verwesung sieht.“ [Psalm 16:10.] „Aber Gott wird meine Seele erlösen von der Macht des Grabes; denn er wird mich aufnehmen.“ [Psalm 49:15.]“ 12LtMs, Ms 115, 1897, par. 4
Lies Kolosser 2:10-12. Was ist das neutestamentliche Gedenken an die Auferstehung Jesu?
„Christus ruhte am Sabbat im Grab, und als die heiligen Wesen des Himmels und der Erde am Morgen des ersten Tages der Woche wach waren, stand er aus dem Grab auf, um sein Werk der Belehrung seiner Jünger zu erneuern. Aber diese Tatsache weiht den ersten Tag der Woche nicht ein und macht ihn zu einem Sabbat. Jesus hat vor seinem Tod das Gedenken an das Brechen seines Leibes und das Vergießen seines Blutes für die Sünden der Welt in der Ordnung des Abendmahls verankert, indem er sagte: „Denn sooft ihr dieses Brot esst und diesen Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.“ 1 Korinther 11:26. Und der reuige Gläubige, der die für die Bekehrung erforderlichen Schritte unternimmt, gedenkt in seiner Taufe des Todes, des Begräbnisses und der Auferstehung Christi. Er steigt in das Wasser hinab als Abbild von Christi Tod und Begräbnis, und er wird aus dem Wasser auferweckt als Abbild seiner Auferstehung ... um ein neues Leben in Christus Jesus zu führen.90 FLB 303.2
„Das Heer der Engel wurde von Erstaunen erfüllt, als sie die Leiden und den Tod des Königs der Herrlichkeit sahen. Aber ... es war für sie kein Wunder, dass der Herr des Lebens und der Herrlichkeit ... die Bande des Todes zerriss und aus seinem Gefängnis als triumphierender Sieger hervorging. Wenn also eines dieser Ereignisse durch einen Ruhetag gewürdigt werden sollte, dann ist es die Kreuzigung. Aber ich habe gesehen, dass keines dieser Ereignisse dazu gedacht war, Gottes Gesetz zu verändern oder aufzuheben; im Gegenteil, sie sind der stärkste Beweis für seine Unveränderlichkeit.... FLB 303.3
„Der Sabbat wurde in Eden vor dem Sündenfall eingeführt und von Adam und Eva und dem ganzen himmlischen Heer eingehalten. Gott ruhte am siebten Tag und segnete und heiligte ihn. Ich habe gesehen, dass der Sabbat niemals abgeschafft werden wird, sondern dass die erlösten Heiligen und das ganze Heer der Engel ihn zu Ehren des großen Schöpfers bis in alle Ewigkeit halten werden.91 FLB 303.4“
Lies Markus 16:1-8 und 1 Korinther 15:1-8. Was haben diese Abschnitte gemeinsam?
„Die Frauen, die unter dem Kreuz Jesu gestanden hatten, warteten darauf, daß die Sabbatstunden vergingen. Am ersten Tag der Woche machten sie sich schon sehr früh auf den Weg zum Grab und nahmen kostbare Spezereien mit, um den Körper des Heilandes zu salben. Sie dachten nicht im geringsten daran, daß Jesus von den Toten auferstanden sein könnte. Die Sonne ihrer Hoffnung war untergegangen, Nacht hatte sich auf ihre Herzen gesenkt. Auf dem Wege zum Grabe dachten sie wohl an Jesu Werke der Liebe und an seine trostreichen Worte, doch sie erinnerten sich nicht seiner Verheißung: “Ich will euch wiedersehen.” Johannes 16,22. LJ 791.1
Sie hatten keine Ahnung, was gerade geschah, als sie sich dem Garten näherten; sie überlegten nur: “Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?” Markus 16,3. Sie wußten, daß sie den schweren Stein nicht bewegen konnten; dennoch setzten sie ihren Weg fort. Da erhellte den Himmel plötzlich ein Glanz, der nicht von der aufgehenden Sonne kam. Die Erde zitterte und bebte. Die Frauen sahen, daß der große Stein zur Seite gewälzt und die Gruft selbst leer war. LJ 791.2
Sie waren nicht alle aus derselben Richtung zum Grabe gekommen. Maria Magdalena hatte als erste die Stätte erreicht. Als sie nun sah, daß das Grab offen war, eilte sie hinweg, um es den Jüngern mitzuteilen. Inzwischen hatten auch die anderen Frauen den Garten erreicht. Sie sahen Jesu Grab von einem hellen Licht umleuchtet, aber den Leichnam des Herrn fanden sie nicht. Als sie noch etwas verweilten, bemerkten sie plötzlich, daß sie nicht allein waren. Ein Jüngling in weißem Gewand saß im Innenraum des Grabes. Es war der Engel, der den schweren Stein von der Tür gewälzt hatte. Er hatte Menschengestalt angenommen, um die Freunde Jesu nicht zu beunruhigen. Dennoch umleuchtete ihn das Licht der himmlischen Herrlichkeit, und die Frauen fürchteten sich. Sie wollten schon fliehen, als die Worte des Engels sie zurückhielten: “Entsetzet euch nicht!” sprach er zu ihnen. “Ihr suchet Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten! Gehet aber hin und saget seinen Jüngern und Petrus, daß er vor euch hingehen wird nach Galiläa.” Markus 16,6.7. Die Frauen schauten erneut in die Gruft hinein, und abermals hörten sie die wunderbare Botschaft. Noch ein anderer Engel in Menschengestalt war dort, und dieser sagte jetzt: “Was suchet ihr den Lebendigen bei den Toten? Er ist nicht hier; er ist auferstanden. Gedenket daran, wie er euch sagte, da er noch in Galiläa war und sprach: des Menschen Sohn muß überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen.” Lukas 24,5-7. LJ 791.3
Lies Markus 16:1-8. Was ist passiert und wie haben die Frauen zuerst geantwortet?
„Er ist auferstanden! Er ist auferstanden! Die Frauen wiederholen immer wieder diese Worte. Nun brauchen sie ihre Salben und Spezereien nicht mehr; der Heiland lebt. Jetzt erinnern sie sich auch daran, daß Jesus, als er von seinem Tode sprach, ihnen gesagt hat, er würde auferstehen. Welch ein Tag ist dies für die ganze Welt! Die Frauen eilten vom Grabe hinweg “mit Furcht und großer Freude und liefen, daß sie es seinen Jüngern verkündigten”. Matthäus 28,8. LJ 792.1
Maria hatte die Freudenbotschaft noch nicht erfahren. Sie befand sich auf dem Weg zu Petrus und Johannes und brachte ihnen die erschütternde Nachricht: “Sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grabe, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben.” Johannes 20,2. Die Jünger liefen sofort zum Grabe und sahen die Worte Marias bestätigt. Sie erkannten die Leichentücher; aber ihren Herrn selbst fanden sie nicht. Trotzdem gab es Beweise von der Auferstehung des Herrn. Die Grabtücher waren nicht etwa achtlos beiseite geworfen, sondern sie lagen sorgfältig zusammengelegt jedes an seinem Platz. Johannes “sah und glaubte”. Johannes 20,8. Er hatte zwar noch nicht verstanden, daß Jesus nach der Schrift von den Toten auferstehen müsse; aber er erinnerte sich jetzt aller Worte, die der Heiland von seiner Auferstehung jemals gesagt hatte. LJ 792.2
Der Heiland selbst hatte die Leinentücher sorgfältig an ihren Platz gelegt. Als der Engelfürst zum Grab herniederkam, wurde er von einem Engel begleitet, der gemeinsam mit anderen den Leichnam Jesu bewacht hatte. Während der Engelfürst den schweren Stein hinwegwälzte, betrat der andere Engel das Grab und befreite den Leib des Herrn aus der festen Umhüllung. Aber es war Jesu Hand, die die Tücher faltete und sie an ihren Platz legte. In den Augen dessen, der die Sterne genauso lenkt wie die winzigsten Atome, ist nichts unwichtig. Ordnung und Vollkommenheit sind das Kennzeichen aller seiner Werke. LJ 792.3
Lies Markus 16:9-20. Was fügen diese Verse der Auferstehungsgeschichte hinzu?
Maria war den Jüngern wieder zum Grabe gefolgt. Als diese aber nach Jerusalem zurückkehrten, blieb sie zurück. Sie schaute wieder in das leere Grab, und ihr Kummer wuchs. Da sah sie die zwei Engel im Grabe stehen — zu Häupten und zu Füßen der Stelle, wo Jesus gelegen hatte. “Und dieselben sprachen zu ihr: Weib, was weinest du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.” Johannes 20,13. LJ 793.1
Darauf wandte sie sich von den Engeln ab. Sie meinte, sie müsse jemanden finden, der ihr Auskunft geben könnte, was mit Jesu Leichnam geschehen sei. Da wurde sie von einer anderen Stimme angesprochen: “Weib, was weinest du? Wen suchest du?” Mit durch Tränen verdunkeltem Blick erkannte Maria die Gestalt eines Mannes. Sie glaubte, es sei der Gärtner, und fragte ihn: “Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo hast du ihn hingelegt, so will ich ihn holen.” Johannes 20,15. Sollte des reichen Mannes Grabstätte zu ehrenvoll gewesen sein für Jesus, dann würde sie selbst einen Platz für ihn zu finden wissen. Sie dachte an die Gruft, aus der Jesu eigene Stimme einen Toten herausgerufen hatte; es war das Grab des Lazarus. Könnte sie dort nicht einen guten Ruheort für ihren Herrn finden? Sie fühlte, daß es für sie in ihrem Kummer sehr tröstlich wäre, wenn sie sich um den Leichnam des Gekreuzigten kümmerte. LJ 793.2
Doch plötzlich sagte Jesus in der ihr so wohlbekannten Stimme zu ihr: “Maria!” Auf einmal wußte sie, daß es kein Fremder war, der sie auf diese Weise anredete, und als sie sich umdrehte, sah sie Christus lebendig vor sich stehen. In ihrer Freude vergaß sie, daß er inzwischen gekreuzigt worden war. Sie stürzte auf ihn zu, als wollte sie seine Füße umschlingen, und rief: “Rabbuni! das heißt: Meister!” Da erhob Jesus seine Hand und sagte ihr: “Rühre mich nicht an! denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Gehe aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.” Johannes 20,16.17. Und Maria eilte zu den Jüngern, um ihnen die frohe Botschaft zu bringen. LJ 793.3
Was geschah in Markus 16:14, das keinen Sinn machte, wenn diese Geschichte eine Erfindung wäre?
Als die Jünger diese so bestimmt gegebene Anordnung hörten, fielen ihnen Jesu Worte ein, die seine Auferstehung vorhersagten. Doch auch jetzt freuten sie sich nicht; sie konnten sich von Zweifel und Verwirrung noch nicht frei machen. Selbst als die Frauen mitteilten, daß sie Jesus gesehen hatten, wollten die Jünger es nicht glauben; sie meinten, daß jene einer Sinnestäuschung zum Opfer gefallen wären. LJ 795.4
Eine Not schien der andern zu folgen. Am sechsten Tage der Woche hatten sie ihren Meister sterben sehen; am ersten Tag der neuen Woche glaubten sie sich seines Leichnams beraubt und wurden selbst beschuldigt, ihn gestohlen zu haben, um auf diese Weise das Volk zu täuschen. Sie zweifelten daran, sich jemals von diesem Verdacht reinigen zu können, der sich immer mehr verstärkte. Dazu fürchteten sie die Feindschaft der Priester und den Zorn des Volkes. Sie sehnten sich nach Jesu Gegenwart, der ihnen aus jeder Verlegenheit geholfen hatte. LJ 796.1
Oft wiederholten sie die Worte: “Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen würde.” Lukas 24,21. Allein gelassen und verzagten Herzens dachten sie auch an Jesu Worte: “Denn so man das tut am grünen Holz, was will am dürren werden?” Lukas 23,31. Sie fanden sich im oberen Stockwerk zusammen und verschlossen und verriegelten die Türen, wußten sie doch, daß sie jederzeit das Schicksal ihres geliebten Meisters teilen konnten. LJ 796.2
Lies Markus 16:14-20. Was hat Jesus zu seinen Jüngern gesagt, als er ihnen erschien, und was bedeuten diese Worte für uns heute?
Endlich haben die beiden Jünger Jerusalem erreicht. Sie gehen durch das östliche Tor, das bei festlichen Gelegenheiten nachts geöffnet ist. In den Häusern ist alles dunkel und still, aber die beiden Wanderer finden ihren Weg durch die engen Gassen beim Schein des aufgehenden Mondes. Sie gehen zu dem Obergemach, in dem Jesus den letzten Abend vor seinem Tode verbrachte. Sie wissen, daß sie hier ihre Brüder finden werden. So spät es auch ist, die Jünger würden doch nicht eher zur Ruhe gehen, bis sie Genaues über den Verbleib des Leichnams ihres Herrn wußten. Die Tür zum Gemach ist fest verschlossen; sie klopfen an, aber keine Antwort erfolgt — alles bleibt still. Dann nennen sie ihre Namen, und endlich wird vorsichtig die Tür entriegelt. Sie treten ein und mit ihnen noch ein anderer, unsichtbarer Gast. Dann wird die Tür wieder verriegelt, um Späher fernzuhalten. LJ 804.1
„Die Wanderer finden alle in höchster Erregung. Die im Raum Versammelten brechen immer wieder in Lobpreis und Dank aus und rufen: “Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen.” Lukas 24,34. Die Männer von Emmaus, von ihrem eiligen Marsch noch ganz außer Atem, erzählen darauf die wunderbare Geschichte, wie Jesus ihnen erschienen ist. Sie haben gerade ihren Bericht beendet, und einige meinen noch, sie könnten das alles nicht glauben, da es zu schön sei, um wahr zu sein, als auf einmal noch eine andere Gestalt vor ihnen steht. Aller Augen richten sich auf den Fremden. Niemand hat um Einlaß gebeten; niemand hat Schritte vernommen. Die Jünger sind bestürzt und fragen sich, was das bedeuten solle. Doch da hören sie eine Stimme, die keinem anderen gehört als ihrem Meister Jesus Christus. Klar und deutlich kommen die Worte von seinen Lippen: “Friede sei mit euch!” LJ 804.2
“Sie erschraken aber und fürchteten sich, meinten, sie sähen einen Geist. Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz? Sehet meine Hände und meine Füße, ich bin’s selber. Fühlet mich an und sehet; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr sehet, daß ich habe. Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Füße.” Lukas 24,36-40. LJ 805.1
„Als Jesus seinen Jüngern erschien, erinnerte er sie an die Worte, die er vor seinem Tode zu ihnen gesprochen hatte, daß sich nämlich alles erfüllen müsse, was im Gesetz Mose, in den Propheten und in den Psalmen über ihn geschrieben stehe. “Da öffnete er ihnen das Verständnis, daß sie die Schrift verstanden, und sprach zu ihnen: Also ist’s geschrieben, daß Christus mußte leiden und auferstehen von den Toten am dritten Tage; und daß gepredigt werden muß in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Hebt an zu Jerusalem und seid des alles Zeugen.” Lukas 24,45-48.LJ 806.1
Die Jünger begannen jetzt das Wesen und den Umfang ihrer Aufgabe zu begreifen. Sie sollten der Welt die herrlichen Wahrheiten verkündigen, die Jesus ihnen anvertraut hatte. Die Ereignisse seines Lebens, sein Tod, seine Auferstehung, die Weissagungen, die auf diese Geschehnisse hinwiesen, die Heiligkeit des Gesetzes Gottes, das Geheimnis des Erlösungsplanes, die Macht Christi zur Vergebung der Sünden alles dies konnten sie aus eigener Erfahrung und Anschauung bezeugen, und sie sollten es der Welt mitteilen. Sie sollten das Evangelium des Friedens und der Erlösung durch Buße und die Kraft des Heilandes verkündigen. LJ 806.2
“Da er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmet hin den heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.” Johannes 20,22.23. Der Heilige Geist war noch nicht völlig offenbart; denn Christus war noch nicht verherrlicht worden. Die umfassende Gabe des Heiligen Geistes wurde ihnen nicht vor der Himmelfahrt des Herrn zuteil. Ehe dies nicht geschehen war, konnten sie ihren Auftrag, der Welt das Evangelium zu verkündigen, nicht ausführen. Jetzt erhielten sie den Heiligen Geist aus einem besonderen Grunde. Ehe die Jünger ihr Amt in der Gemeinde ausüben konnten, mußte Jesus ihnen erst seinen Geist eingeben. Er vertraute ihnen damit eine besonders heilige Gabe an. So wollte er ihnen die Tatsache einprägen, daß sie ohne diesen Geist ihren Dienst nicht ausführen konnten. LJ 806.3
Der Sabbat war vergangen und der erste Wochentag angebrochen. Es war die Zeit der dunkelsten Stunde, kurz vor Tagesanbruch. Christus lag noch als Gefangener in dem engen Grab; der große Stein war noch davor, das Siegel war ungebrochen, und die römischen Soldaten hielten ihre Wache. Auch unsichtbare Wächter, Scharen böser Engel, hatten sich um den Platz gelagert. Wäre es möglich gewesen, dann hätte der Fürst der Finsternis mit seinem Heer von Abgefallenen auf ewig das Grab versiegelt gelassen, das den Sohn Gottes gefangenhielt. Aber auch eine himmlische Schar umgab die Grabstätte. Mit besonderer Kraft ausgestattete Engel wachten ebenfalls und warteten darauf, den Fürsten des Lebens zu begrüßen. LJ 783.1
“Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab.” Bekleidet mit der Rüstung Gottes, hatte dieser Engel die himmlischen Höfe verlassen. Die hellen Strahlen der Herrlichkeit Gottes gingen vor ihm her und erleuchteten seinen Pfad. “Seine Erscheinung war wie der Blitz und sein Kleid weiß wie Schnee. Die Hüter aber erschraken vor Furcht und wurden, als wären sie tot.” Matthäus 28,2-4. LJ 783.2
Ihr Priester und Obersten, wo bleibt jetzt die Macht eurer Wache? Tapfere Soldaten, die vor keiner menschlichen Gewalt zurückgeschreckt waren, waren ohne Schwert oder Lanze “gefesselt”. Was sie vor sich sahen, war nicht der Anblick eines sterblichen Kriegers; sie sahen das Angesicht des Mächtigsten im Heer des Herrn. Dieser Himmelsbote war kein anderer als der, der Luzifers einstige Stellung eingenommen hatte; es war derselbe, der auch auf Bethlehems Fluren die Geburt des Heilandes verkündigte. Die Erde erzitterte bei seinem Herannahen, die Scharen der Finsternis flohen erschreckt, und als er den Stein von Jesu Grab fortwälzte, schien es, als neigte sich der Himmel auf die Erde. Die Soldaten sahen, daß er den Stein wie einen Kiesel zur Seite schob, und hörten ihn mit lauter Stimme rufen: Du Sohn Gottes, komm heraus! Dein Vater ruft dich! Dann wurden sie gewahr, wie Jesus seinem Grabe entstieg und über der leeren Grabeshöhle laut ausrief: “Ich bin die Auferstehung und das Leben.” Johannes 11,25. Als er in Majestät und Herrlichkeit herauskam, beugte sich die Engelschar in Anbetung tief vor dem Erlöser und jubelte dem Auferstandenen in Lobliedern zu. LJ 783.3
Ein Erdbeben kennzeichnete die Stunde, da Jesus sein Leben ließ; ein Erdbeben wiederum bezeugte den Augenblick, da er es im Triumph wiedernahm. Er, der Tod und Grab überwunden hatte, entstieg unter dem Schwanken der Erde, unter dem Zucken der Blitze und dem Rollen des Donners im Schritt eines Siegers seiner Gruft. Wenn er wiederkommen wird, dann wird er “nicht allein die Erde, sondern auch den Himmel” (Hebräer 12,26) bewegen. “Die Erde wird taumeln wie ein Trunkener und wird hin und her geworfen wie eine schwankende Hütte.” Jesaja 24,20. “Der Himmel wird zusammengerollt werden wie eine Buchrolle.” Jesaja 34,4. “Die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden verbrennen.” 2.Petrus 3,10. “Aber seinem Volk wird der Herr eine Zuflucht sein und eine Burg den Kindern Israel.” Joel 4,16. LJ 784.1
Bei Jesu Tod hatten die Soldaten die Erde am Tage in Finsternis gehüllt gesehen; bei seiner Auferstehung aber sahen sie, wie der Glanz der Engel die Nacht erleuchtete, und sie hörten die große Freude und den Jubel der himmlischen Scharen, als diese sangen: Du hast Satan und die Mächte der Finsternis überwunden; du hast den Tod verschlungen in den Sieg! LJ 784.2
Christus kam verherrlicht aus dem Grabe hervor, und die römischen Soldaten sahen ihn. Sie konnten ihre Augen nicht abwenden von dem Antlitz dessen, den sie vor kurzem noch so verspottet und verhöhnt hatten. In diesem verklärten Wesen erkannten sie den Gefangenen, den sie im Richthaus gesehen und dem sie eine Dornenkrone geflochten hatten. Das war genau er, der wehrlos vor Pilatus und Herodes gestanden hatte und dessen Leib durch die grausame Geißelung so schlimm zugerichtet worden war. Er war an das Kreuz genagelt worden, und über ihn hatten die Priester und Obersten überheblich ihre Köpfe geschüttelt, wobei sie ausriefen: “Andern hat er geholfen und kann sich selber nicht helfen.” Matthäus 27,42. Ihn hatte man in Josephs neues Grab gelegt. Aber der Befehl des Himmels hatte dem Gefangenen die Freiheit wiedergegeben. Würde man auch Berge über Berge auf sein Grab getürmt haben, nichts hätte ihn daran hindern können, das Grab zu verlassen. LJ 784.3
Beim Anblick der Engel und des verklärten Heilandes waren die römischen Wächter ohnmächtig geworden und lagen wie tot am Boden. Als dann das himmlische Gefolge vor ihren Augen verborgen wurde, erhoben sie sich und rannten, so schnell ihre zitternden Glieder sie tragen konnten, zum Ausgang des Gartens. Wie Trunkene taumelten sie in die Stadt und erzählten allen, denen sie begegneten, diese wunderbare Neuigkeit. Sie waren auf dem Wege zu Pilatus; aber ihr Bericht war bereits der jüdischen Obrigkeit überbracht worden, und die Hohenpriester und Obersten verlangten sie zuerst zu sehen. Die Soldaten boten einen seltsamen Anblick. Zitternd vor Furcht, mit farblosen Gesichtern, berichteten sie von der Auferstehung Jesu. Sie erzählten alles genauso, wie sie es erlebt hatten; es war ihnen keine Zeit geblieben, etwas anderes zu denken oder zu sagen als die Wahrheit. Schmerzlich bewegt sagten sie: Es war der Sohn Gottes, der gekreuzigt worden ist. Wir haben gehört, daß ihn ein Engel als Majestät des Himmels, als König der Herrlichkeit ankündigte. LJ 785.1
Totenblässe legte sich auf die Gesichter der Priester Kaiphas versuchte zu sprechen; seine Lippen bewegten sich, aber er brachte keinen Laut heraus. Die Soldaten waren schon im Begriff, den Raum wieder zu verlassen, als eine Stimme sie zurückhielt. Kaiphas hatte endlich seine Sprache wiedergefunden. Wartet, wartet! beschwor er sie. Erzählt niemandem, was ihr gesehen habt. LJ 785.2
Sie wurden beauftragt, unwahre Mitteilungen zu machen. “Saget”, so bedeuteten ihnen die Priester, “seine Jünger kamen des Nachts und stahlen ihn, während wir schliefen.” Matthäus 28,13. Damit betrogen die Priester sich selbst; denn wie konnten die Soldaten aussagen, daß die Jünger Jesu Leichnam gestohlen hätten, während sie schliefen? Wie konnten sie wissen, was sich während ihres Schlafes ereignet hatte? Und wenn die Jünger nachweislich den Leichnam Jesu gestohlen hätten, wären die Priester nicht die ersten gewesen, sie zu verurteilen? Oder wenn die Hüter wirklich am Grabe geschlafen hätten, wären die Priester nicht zuerst bei Pilatus vorstellig geworden, um diese anzuklagen? LJ 785.3
Die Soldaten erschraken bei dem Gedanken, daß sie gewissermaßen sich selbst beschuldigen sollten, auf ihrem Posten geschlafen zu haben. Auf dieses Vergehen stand die Todesstrafe. Sollten sie falsches Zeugnis ablegen, das Volk betrügen und ihr eigenes Leben in Gefahr bringen? Hatten sie ihren ermüdenden Dienst nicht mit größter Aufmerksamkeit versehen? Wie könnten sie selbst um Geldes willen das kommende Verhör bestehen, wenn sie einen Meineid leisteten? LJ 786.1
Damit das Geschehen, dessen Bekanntwerden sie fürchteten, verschwiegen würde, versprachen die Priester, für die Sicherheit der Wächter sorgen zu wollen, indem sie sich darauf beriefen, daß Pilatus ebensowenig die Verbreitung ihrer Berichte wünsche wie sie. Da verkauften die römischen Soldaten ihre Redlichkeit an die jüdischen Obersten. Mit einer höchst aufregenden, aber wahren Botschaft waren sie zu den Priestern gekommen; sie verließen die Priester nun mit Geld in den Händen und einem lügnerischen Bericht auf der Zunge, den diese für sie erfunden hatten. LJ 786.2
Inzwischen war die Kunde von der Auferstehung Jesu zu Pilatus gedrungen. Obwohl Pilatus die Verantwortung dafür trug, Jesus dem Tode übergeben zu haben, fühlte er sich verhältnismäßig wenig beunruhigt. Wenn er auch den Heiland nur widerwillig und mit einem Gefühl des Mitleids im Herzen verurteilt hatte, so waren ihm bis jetzt noch keine ernstlichen Bedenken gekommen. Doch nach diesem Bericht schloß er sich entsetzt in seinem Hause ein und ließ niemand zu sich. Die Priester verschafften sich trotzdem Eingang, erzählten ihm die von ihnen erfundene Lügengeschichte und baten ihn, den Soldaten das Pflichtversäumnis nachzusehen. Doch ehe Pilatus einwilligte, befragte er heimlich die Hüter, die, um ihr Leben bangend, nichts zu verbergen wagten. Von ihnen erhielt Pilatus einen Bericht über alles, was geschehen war. Er aber ließ die ganze Angelegenheit auf sich beruhen; doch konnte er seit jener Zeit nicht mehr zu innerem Frieden gelangen. LJ 786.3