„Und wenn ihr dasteht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemand habt, damit auch euer Vater im Himmel euch eure Verfehlungen vergibt.“ Markus 11:25
Die Sadduzäer schmeichelten sich damit, daß sie sich am genauesten an die heiligen Schriften hielten. Jesus aber wies ihnen nach, daß sie deren wahre Bedeutung nicht erfaßt hatten. Erst durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes gelangt das Herz zu wahrer Erkenntnis. Ihre mangelnde Schriftkenntnis und ihre Unwissenheit hinsichtlich der Kraft Gottes bezeichnete er als die Ursache ihrer Glaubensverwirrung und ihrer geistigen Verfinsterung. Sie trachteten danach, die Geheimnisse Gottes in den Rahmen ihres begrenzten Verstandes zu pressen. Christus rief sie dazu auf, sich den heiligen Wahrheiten zu öffnen, die ihr Verständnis erweitern und stärken würden. Tausende verfallen dem Unglauben, weil ihr begrenzter Verstand die Geheimnisse Gottes nicht begreifen kann. Sie können die wunderbare Entfaltung göttlicher Macht in seinen Fügungen nicht erklären. Deshalb lehnen sie die Beweise für diese Macht ab und schreiben sie natürlichen Quellen zu, die sie noch weniger verstehen. Der einzige Schlüssel zu den Geheimnissen, die uns umgeben, besteht darin, in ihnen die Gegenwart und Kraft Gottes zu erkennen. Die Menschen müssen Gott als den Schöpfer des Alls erkennen, der alles anordnet und ausführt. Sie benötigen eine umfassendere Kenntnis seines Wesens und des Geheimnisses seines Wirkens. LJ 599.1
Lies Markus 11:1-11 und Sacharja 9:9, 10. Was geschieht hier?
Am ersten Tag der Woche hielt Christus seinen Einzug in die Stadt. Die Volksmenge, die sich in Bethanien um den Herrn gesammelt hatte, begleitete ihn, neugierig auf seinen Empfang in Jerusalem. Viele Menschen befanden sich auf dem Wege nach der Hauptstadt, das Passahfest zu feiern, und diese schlossen sich der Menge an, die um Jesus war. Die ganze Schöpfung schien sich zu freuen. Die Bäume prangten in hellem Grün, und ihre Blüten verbreiteten einen köstlichen Duft. Frohes Leben überall, wohin man schaute. Die Hoffnung auf das neue Reich war wieder erwacht. LJ 562.3
Jesus wollte in die Stadt reiten und sandte zwei Jünger voraus, ihm eine Eselin und ihr Füllen zu holen. Bei seiner Geburt war der Heiland auf die Gastfreundschaft Fremder angewiesen gewesen; denn die Krippe, in der er lag, war ein geborgter Ruheort. Auch jetzt war er, obgleich das Vieh auf den zahllosen Hügeln ihm gehörte, wieder von dem Entgegenkommen Fremder abhängig, um ein Tier zu bekommen, auf dem er als König in die Stadt einziehen konnte. Wieder offenbarte sich seine Gottheit, selbst in den genauen Anweisungen, die er seinen Jüngern für ihren Auftrag gab. Wie geweissagt, wurde die Bitte: “Der Herr bedarf ihrer” (Matthäus 21,3) bereitwillig gewährt. Jesus wählte zu seinem Gebrauch ein Füllen, auf dem noch niemand gesessen hatte. Die Jünger legten in froher Begeisterung Kleider auf das Tier und setzten ihren Herrn darauf. Vordem war Jesus stets zu Fuß gewandert, und die Jünger hatten sich anfangs gewundert, daß ihr Meister jetzt zu reiten wünschte. Bei dem freudigen Gedanken, daß er im Begriff sei, in die Hauptstadt einzuziehen, um sich zum König zu erheben und seine königliche Macht auszuüben, erfüllte Zuversicht ihre Herzen. Während sie ihren Auftrag ausführten, teilten sie den Freunden Jesu ihre glühenden Hoffnungen mit. Die Erregung griff um sich und steigerte die Erwartungen der Menge ins Ungemessene. LJ 562.4
Jesus folgte dem jüdischen Brauch, der beim Einzug eines Königs üblich war. Wie einst die Könige Israels auf einem Esel ritten, so auch Jesus, und es war vorausgesagt worden, daß der Messias auf diese Weise in sein Reich kommen werde. Kaum saß Jesus auf dem Füllen, als lautes Jubelgeschrei die Luft zerriß. Die Menge begrüßte ihn als Messias, ihren König. Jesus nahm jetzt die Huldigung an, die er vorher niemals gestattet hatte, und die Jünger sahen darin den Beweis, daß ihre frohen Hoffnungen, ihren Herrn auf dem Thron Israels zu sehen, verwirklicht würden. Auch die Volksmenge war überzeugt, daß die Stunde ihrer Befreiung gekommen sei. Sie sah im Geiste die römischen Heere besiegt aus der Stadt getrieben und Israel wieder als eine unabhängige Nation. Alle waren froh erregt; sie wetteiferten miteinander, Jesus zu huldigen. Äußerliche Pracht und königlichen Prunk konnten sie zwar nicht entfalten, aber sie gaben ihm die Verehrung ihrer frohen Herzen. Sie konnten ihm keine kostbaren Geschenke überreichen, aber sie breiteten ihre Kleider wie einen Teppich auf seinen Pfad und streuten Olivenblätter und Palmzweige vor ihm her. Sie konnten dem Triumphzug keine Standarten voraustragen, aber sie schnitten die weitausladenden Palmzweige ab, die Zeichen des Sieges, und schwenkten sie unter Jubel und Hosiannarufen hin und her. LJ 563.1
Im Weiterziehen nahm die Menge beständig zu durch Leute, die von dem Kommen Jesu gehört hatten und nun eilten, sich dem Zug anzuschließen. Immer mehr mischten sich unter die Schar und fragten: “Wer ist der?” Matthäus 21,10. Was bedeutete diese Erregung der Menge? Sie alle hatten schon von Jesus gehört und erwarteten, daß er sich in die Hauptstadt begeben würde; doch sie wußten auch, daß er bisher jeden Versuch, ihn zum König zu krönen, abgewiesen hatte, und sie waren deshalb höchst erstaunt, zu sehen, daß dieser Mann hier Jesus war. Sie fragten sich, was diese Sinnesänderung bewirkt haben könnte, da er doch erklärt hatte, daß sein Reich nicht von dieser Welt sei. LJ 563.2
Lies Markus 11:12-26. Was ist die Bedeutung der hier geschilderten Ereignisse?
Die ganze Nacht verbrachte Jesus im Gebet, und am frühen Morgen ging er wieder zum Tempel. Auf dem Wege dahin kam er an einem Feigenhain vorbei. Er war hungrig, und “er sah einen Feigenbaum von ferne, der Blätter hatte; da trat er hinzu, ob er etwas darauf fände. Und da er hinzukam, fand er nichts als nur Blätter denn es war nicht die Zeit für Feigen.” Markus 11,13. LJ 573.3
Die Zeit der reifen Feigen war noch nicht gekommen, außer in bestimmten Gegenden; und auf den Höhen um Jerusalem konnte man sagen: “Es war nicht die Zeit für Feigen.” Doch in dem Garten, zu dem Jesus kam, schien ein Baum allen anderen weit voraus zu sein. Er war bereits mit Blättern bedeckt, und es liegt in der Natur des Feigenbaumes, daß die wachsende Frucht erscheint, noch ehe sich die Blätter entfaltet haben. Deshalb versprach dieser im vollen Blätterschmuck stehende Baum gut entwickelte Früchte. Aber der Schein trog. Beim Absuchen seiner Zweige vom niedrigsten bis zum höchsten fand Jesus “nichts als nur Blätter”, eine Fülle prunkenden Laubwerks, nichts weiter. LJ 573.4
Da verwünschte er den Baum und sprach: “Nun esse von dir niemand mehr eine Frucht ewiglich!” Markus 11,14. Am nächsten Morgen, als Jesus mit seinen Jüngern den gleichen Weg ging, erregten die verdorrten Zweige und die verwelkten Blätter ihre Aufmerksamkeit. Petrus sagte verwundert: “Rabbi, siehe, der Feigenbaum, den du verflucht hast, ist verdorrt.” Markus 11,21. LJ 574.1
Das Verfluchen des Feigenbaumes war ein in die Tat übersetztes Gleichnis. Jener unfruchtbare Baum, der mit seinem Blätterschmuck vor dem Herrn prunkte, war ein Sinnbild des jüdischen Volkes. Der Heiland wünschte seinen Jüngern die Ursache und die Gewißheit von Israels Schicksal zu verdeutlichen. Er rüstete darum den Baum mit sittlichen Eigenschaften aus und erhob ihn zum Ausleger göttlicher Wahrheit. Die Juden nahmen unter allen Völkern eine bevorzugte Stellung ein, indem sie ihren Bund mit Gott bekannten. Sie waren von Gott in auffallender Weise begünstigt worden und beanspruchten darum, gerechtfertigter zu sein als jedes andere Volk. Doch sie waren durch die Liebe zur Welt und durch ihre Gewinnsucht völlig verderbt. Sie rühmten sich ihrer Erkenntnis und waren doch unwissend gegenüber dem Willen Gottes. Außerdem waren sie voller Heuchelei. Gleich dem unfruchtbaren Feigenbaum reckten sie ihre vielversprechenden Zweige, üppig und schön anzusehen, hoch empor, dennoch brachten sie “nichts als nur Blätter”. Die jüdische Religion mit ihrem großartigen Tempel, ihren geweihten Altären, ihren geschmückten Priestern und ihren eindrucksvollen Gottesdiensten bot wirklich einen außerordentlichen Anblick dar; doch Demut, Liebe und Barmherzigkeit fehlten. LJ 574.4
Die ganze Nacht verbrachte Jesus im Gebet, und am frühen Morgen ging er wieder zum Tempel. Auf dem Wege dahin kam er an einem Feigenhain vorbei. Er war hungrig, und “er sah einen Feigenbaum von ferne, der Blätter hatte; da trat er hinzu, ob er etwas darauf fände. Und da er hinzukam, fand er nichts als nur Blätter denn es war nicht die Zeit für Feigen.” Markus 11,13. LJ 573.3
Die Zeit der reifen Feigen war noch nicht gekommen, außer in bestimmten Gegenden; und auf den Höhen um Jerusalem konnte man sagen: “Es war nicht die Zeit für Feigen.” Doch in dem Garten, zu dem Jesus kam, schien ein Baum allen anderen weit voraus zu sein. Er war bereits mit Blättern bedeckt, und es liegt in der Natur des Feigenbaumes, daß die wachsende Frucht erscheint, noch ehe sich die Blätter entfaltet haben. Deshalb versprach dieser im vollen Blätterschmuck stehende Baum gut entwickelte Früchte. Aber der Schein trog. Beim Absuchen seiner Zweige vom niedrigsten bis zum höchsten fand Jesus “nichts als nur Blätter”, eine Fülle prunkenden Laubwerks, nichts weiter. LJ 573.4
Christi Fluch über diesen Feigenbaum hatte die Jünger überrascht. Sie konnten diese Tat so gar nicht mit seinem Wandel und seinem Wirken in Einklang bringen. Oft hatte er ihnen gesagt, daß er nicht gekommen sei, die Welt zu verdammen, sondern zu erlösen. Sie erinnerten sich seiner Worte: “Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern zu erhalten.” Lukas 9,56. Seine wunderbaren Taten hatten bisher stets dazu gedient, etwas wiederherzustellen, niemals aber, um etwas zu vernichten. Die Jünger hatten ihren Herrn immer nur als Helfer und als Heiland kennengelernt. Diese Tat stand einzig da. Sie fragten sich: Warum hat der Herr diesen Baum vernichtet? LJ 574.2
Das Verfluchen des Feigenbaumes war ein in die Tat übersetztes Gleichnis. Jener unfruchtbare Baum, der mit seinem Blätterschmuck vor dem Herrn prunkte, war ein Sinnbild des jüdischen Volkes. Der Heiland wünschte seinen Jüngern die Ursache und die Gewißheit von Israels Schicksal zu verdeutlichen. Er rüstete darum den Baum mit sittlichen Eigenschaften aus und erhob ihn zum Ausleger göttlicher Wahrheit. Die Juden nahmen unter allen Völkern eine bevorzugte Stellung ein, indem sie ihren Bund mit Gott bekannten. Sie waren von Gott in auffallender Weise begünstigt worden und beanspruchten darum, gerechtfertigter zu sein als jedes andere Volk. Doch sie waren durch die Liebe zur Welt und durch ihre Gewinnsucht völlig verderbt. Sie rühmten sich ihrer Erkenntnis und waren doch unwissend gegenüber dem Willen Gottes. Außerdem waren sie voller Heuchelei. Gleich dem unfruchtbaren Feigenbaum reckten sie ihre vielversprechenden Zweige, üppig und schön anzusehen, hoch empor, dennoch brachten sie “nichts als nur Blätter”. Die jüdische Religion mit ihrem großartigen Tempel, ihren geweihten Altären, ihren geschmückten Priestern und ihren eindrucksvollen Gottesdiensten bot wirklich einen außerordentlichen Anblick dar; doch Demut, Liebe und Barmherzigkeit fehlten. LJ 574.4
Auch alle andern Bäume in dem Feigengarten waren ohne Früchte; doch diese blätterlosen Bäume weckten keine Erwartungen und konnten daher auch keine Enttäuschung verursachen. Durch diese Bäume wurden die Heiden versinnbildlicht. Sie ermangelten ebenso wie die Juden der Gottseligkeit; aber sie gaben auch nicht vor, Gott zu dienen, und sie brüsteten sich auch nicht mit der Behauptung, besser als andere zu sein. Das Wirken und die Wege Gottes lagen ihnen im dunkeln; bei ihnen war noch “nicht die Zeit für Feigen”. Markus 11,13. Sie warteten noch auf den Tag, der ihnen Hoffnung und Licht bringen würde. Die Juden, die von Gott größere Segnungen erhalten hatten, waren für den Mißbrauch dieser Gaben verantwortlich. Die Vorrechte, derer sie sich rühmten, vergrößerten nur noch ihre Schuld. LJ 575.1
Diese Warnung gilt für alle Zeiten. Christi Fluch über den Baum, den seine eigene Schöpfermacht geschaffen hatte, steht als Mahnung über allen Gemeinden und allen Christen. Niemand kann im Gehorsam des göttlichen Gesetzes leben, ohne dem Nächsten zu dienen. Aber es gibt viele, die nicht nach dem Vorbild Christi einen barmherzigen, uneigennützigen Wandel führen. Manche, die sich selbst zu den vortrefflichsten Christen zählen, verstehen nicht, worin der wahre Dienst für Gott besteht. Sie planen und trachten, um sich selbst zu gefallen, und sie handeln nur im eigenen Interesse. Zeit ist für sie nur insoweit von Wert, wie sie diese ausschließlich für sich verwenden können. In ihrem täglichen Leben ist das ihr ganzes Streben. Nicht ihrem Nächsten, sondern allein sich selbst dienen sie. Gott erwählte sie, in einer Welt zu leben, die selbstlosen Dienst erfordert. Er bestimmte sie, ihren Mitmenschen in jeder nur denkbaren Weise zu helfen. Doch ihr Ich ist so groß, daß sie nichts anderes mehr sehen. Menschlichkeit hat bei ihnen keinen Raum. Jene, die in dieser Weise nur für sich leben, gleichen dem Feigenbaum, der viel versprach, aber nichts hielt. Sie beachten wohl die äußeren Formen des Gottesdienstes, doch sie sind ohne Buße und ohne Glauben. Sie geben vor, das Gesetz Gottes zu ehren, aber ihnen mangelt es an Glaubensgehorsam. Sie reden, aber sie handeln nicht! In seinem Urteil über den Feigenbaum zeigt Jesus, wie verhaßt in seinen Augen dieser unnütze Aufwand ist. Er erklärt, daß der offenkundige Sünder weniger schuldig ist als jener, der angeblich Gott dient, aber zu seiner Verherrlichung keine Frucht bringt. LJ 576.1
Zu Beginn seines Lehramtes waren von Christus alle jene aus dem Tempel getrieben worden, die diesen durch ihre unheiligen Geschäfte verunreinigt hatten. Sein strenges und machtvolles Auftreten hatte damals die listigen Händler mit Furcht erfüllt. Nun kam er kurz vor Beendigung seines Auftrages wieder in den Tempel und fand ihn genauso entweiht wie vor Jahren. Die Situation war sogar noch schlimmer als je zuvor. Der Vorhof des Tempels glich einem riesigen Viehmarkt, auf dem das Gebrüll der Tiere und der helle Klang der Münzen sich mit den zornigen Schreien der untereinander streitenden Händler vermischten; dazwischen hörte man die Stimmen der amtierenden Priester. Sogar die Würdenträger des Tempeldienstes beteiligten sich an den Kauf- und Wechselgeschäften und ließen sich derartig von ihrer Gewinnsucht beherrschen, daß sie in den Augen Gottes nicht besser waren als gemeine Diebe. LJ 580.1
Durch die Säuberung des Tempels von weltlichen Käufern und Verkäufern offenbarte er seine Aufgabe, das menschliche Herz von der Verunreinigung durch die Sünde — von den irdischen Wünschen, den eigennützigen Lüsten, den schlechten Gewohnheiten, die die Seele verderben — zu reinigen. LJ 144.3
„Wir dürfen nicht in weltliche Bahnen abdriften. Denken Sie an die Reinigung des Tempels zu Beginn des Wirkens Christi und am Ende seines Lebens an sein persönliches Wirken in der Gestalt des Menschen. Wen traf er dort an, der auf Gewinn aus war? Die Juden hatten die Vorhöfe des Tempels zu einem Schauplatz des frevelhaften Handels gemacht. Sie hatten die alte und heilige Institution des Passahfestes in ein Mittel für schändlichen Profit verwandelt. SpTA07 54.1
Heute wird dieses frevelhafte Werk mehr als wiederholt. Es werden Botschaften überbracht werden, und diejenigen, die die von Gott gesandten Botschaften abgelehnt haben, werden höchst verblüffende Erklärungen hören. Der Heilige Geist wird die Verkündigung mit einer Heiligkeit und Feierlichkeit versehen, die in den Ohren derer, die die Bitten der unendlichen Liebe gehört und nicht auf die Angebote der Vergebung und Verzeihung reagiert haben, schrecklich erscheinen wird. Die verletzte und beleidigte Gottheit wird sprechen und die verborgenen Sünden verkünden. So wie die Priester und Herrscher bei der letzten Szene der Tempelreinigung voller Empörung und Schrecken die Flucht ergriffen haben, so wird es auch bei dem Werk für diese letzten Tage sein. Die Wehe, die über diejenigen ausgesprochen werden wird, die das Licht vom Himmel hatten und es dennoch nicht beachtet haben, werden sie zwar spüren, aber keine Macht haben, zu handeln.“ SpTA07 54.2
Damit warnte er zweimal in einem Typus, dass er auch am Ende des christlichen Zeitalters seine Kirche zweimal reinigen wird: einmal bei der Versiegelung der Erstlinge, der 144.000, und dann bei der Versiegelung der Zweitlinge, der „großen Schar“. Offb. 7:1-9.
Lies Markus 11:27-33. Welche Herausforderung stellten die religiösen Führer an Jesus und wie antwortete er?
“Aus was für Vollmacht tust du das? oder wer hat dir diese Vollmacht gegeben?” Markus 11,28. Sie erwarteten von ihm zu hören, daß er solches alles aus göttlicher Macht tue. Einer solchen Behauptung wollten sie entgegentreten. Doch Jesus antwortete ihnen mit einer Gegenfrage, die scheinbar eine ganz andere Sache betraf, und er machte seine Erwiderung von ihrer Antwort auf seine Gegenfrage abhängig. “Die Taufe des Johannes, war sie vom Himmel oder von Menschen? Antwortet mir!” Markus 11,30. LJ 584.2
Die Priester erkannten, daß sie in große Verlegenheit geraten waren, aus der sie keine Spitzfindigkeit befreien konnte. Sagten sie, Johannes’ Taufe war vom Himmel, dann würde ihr Widerspruch offenbar; denn Christus würde sie fragen: Warum habt ihr dann nicht an ihn geglaubt? Johannes hatte von Jesus bekundet: “Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt!” Johannes 1,29. Glaubten die Priester diesem Zeugnis des Täufers, wie konnten sie dann leugnen, daß Jesus der Messias sei? Sagten sie aber ihre wahre Meinung, daß das Lehramt des Täufers von Menschen war, würden sie einen Sturm der Entrüstung gegen sich selbst heraufbeschworen haben; denn das Volk glaubte, daß Johannes ein Prophet Gottes war. LJ 584.3
Die Menge der Zuhörer wartete gespannt auf die entscheidende Antwort. Sie wußten, daß die Priester bekannt hatten, die Sendung des Täufers anzuerkennen, und sie erwarteten jetzt ihr Eingeständnis, daß Johannes von Gott gesandt war. Nachdem die Priester sich untereinander besprochen hatten, beschlossen sie, sich keine Blöße zu geben. Heuchlerisch erklärten sie ihre Unkenntnis: “Wir wissen’s nicht.” Da erwiderte Jesus: “So sage ich euch auch nicht, aus was für Vollmacht ich solches tue.” Markus 11,33. LJ 585.1
Die Schriftgelehrten, Priester und Obersten waren zum Schweigen gebracht. Verwirrt und enttäuscht standen sie da mit gesenkten Augen und wagten nicht, weitere Fragen an den Herrn zu stellen. Durch ihre Feigheit und Unentschlossenheit hatten sie ihr Ansehen bei dem Volk, das dabeistand und sich der Niederlage dieser stolzen, selbstgefälligen Männer freute, in hohem Maße eingebüßt. LJ 585.2
Lies Markus 12:1-12. Wie reagierte Jesus auf seine Weigerung zu antworten, und welche Wirkung hatte sie?
Höret ein anderes Gleichnis”, fuhr Jesus fort. “Es war ein Hausvater, der pflanzte einen Weinberg und führte einen Zaun darum und grub eine Kelter darin und baute einen Turm und gab ihn an Weingärtner in Pacht und zog außer Landes. Da nun herbeikam die Zeit der Früchte, sandte er seine Knechte zu den Weingärtnern, daß sie seine Früchte empfingen. Da nahmen die Weingärtner seine Knechte; einen schlugen sie, den andern töteten sie, den dritten steinigten sie. Abermals sandte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; und sie taten ihnen gleich also. Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen und sprach: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen. Da aber die Weingärtner den Sohn sahen, sprachen sie untereinander: Das ist der Erbe; kommt, laß uns ihn töten und sein Erbgut an uns bringen! Und sie nahmen ihn und stießen ihn zum Weinberge hinaus und töteten ihn. Wenn nun der Herr des Weinberges kommen wird, was wird er diesen Weingärtnern tun?” Matthäus 21,33-40. LJ 587.3
Jesus hatte sich an alle Leute gewandt, die bei ihm waren, doch die Priester und Obersten antworteten sogleich: “Er wird die Bösewichte übel umbringen und seinen Weinberg an andere Weingärtner vergeben, die ihm die Früchte zu rechter Zeit geben.” Matthäus 21,41. Die Bedeutung dieses Gleichnisses war zunächst von den Sprechern nicht erkannt worden; nun aber stellten sie fest, daß sie sich ihr eigenes Urteil gesprochen hatten. LJ 588.1
In diesem Gleichnis steht der Weinbergbesitzer für Gott, der Weinberg für das jüdische Volk und der Zaun für das göttliche Gesetz, das dessen Schutzwall war; der Turm aber war ein Sinnbild des Tempels. Der Weinbergbesitzer hatte alle Voraussetzungen für die Fruchtbarkeit des Weinberges geschaffen. So fragt er: “Was sollte man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe an ihm?” Jesaja 5,4. So drückte Gott seine unermüdliche Sorge für Israel aus. Wie die Weingärtner dem Herrn einen gebührenden Anteil an den Früchten des Weinbergs zurückzugeben hatten, so sollte Gottes Volk ihn durch eine Lebensführung ehren, die seinen Gnadengaben entsprach. Aber wie die Weingärtner die Knechte töteten, die der Herr zur Einholung der Frucht sandte, so hatten die Juden viele Propheten umgebracht, durch die Gott sie zur Umkehr bewegen wollte. Ein Bote nach dem andern war getötet worden. Bis dahin war die Bedeutung des Gleichnisses nicht fraglich, und das, was folgte, machte es womöglich noch klarer. In dem geliebten Sohn, den der Herr des Weinberges schließlich zu seinen ungehorsamen Arbeiter schickte und den diese ergriffen und erschlugen, erhielten die Priester und Obersten ein klares Bild von Jesus und von dem, was ihm bevorstand. Sie planten ja bereits, den zu vernichten, den der Vater als letzten Mahnruf zu ihnen geschickt hatte. Die Vergeltung aber, die den unbarmherzigen Weingärtnern angedroht wurde, sollte den Untergang jener Menschen anzeigen, die Christus dem Tode ausliefern würden.LJ 588.2
Lies Markus 12:13-27. Was geht hier vor und welche Wahrheiten lehrt Jesus?
Die Pharisäer hatten sich stets gegen die erzwungenen Tributleistungen an die Römer aufgelehnt. Sie meinten, solche Zahlungen verstießen gegen das Gesetz Gottes. Jetzt sahen sie eine Gelegenheit, Christus eine Falle zu stellen. Die Spione kamen zu ihm und fragten, scheinbar aufrichtig, als ob sie nur wissen wollten, was ihre Pflicht sei: “Meister, wir wissen, daß du aufrichtig redest und lehrest und achtest keines Menschen Ansehen, sondern du lehrest den Weg Gottes recht. Ist’s recht, daß wir dem Kaiser Steuer geben, oder nicht?” Lukas 20,21.22. LJ 594.2
Die Worte: “Wir wissen, daß du aufrichtig redest und lehrest”, wären ein wunderbares Zugeständnis gewesen, hätte man sie aufrichtig gemeint. Sie sollten aber nur der Täuschung dienen. Ihr Zeugnis war indessen trotzdem wahr. Die Pharisäer wußten sehr wohl, daß Christus aufrichtig und recht lehrte, und sie werden einst nach diesem Zeugnis gerichtet werden.LJ 594.3
Die Männer, die Jesus die Frage vorlegten, meinten, daß sie ihre Absicht ausreichend getarnt hätten. Jesus aber las in ihren Herzen wie in einem Buch und erkannte ihre Heuchelei: “Was versuchet ihr mich?” entgegnete er und gab ihnen dadurch ein Zeichen, nach dem sie nicht gefragt hatten, indem er ihnen zu erkennen gab, daß er ihre geheimen Absichten durchschaute. Noch verwirrter waren sie, als er hinzufügte: “Bringt mir einen Groschen!” Sie taten es, und er fragte sie: “Wes ist das Bild und die Aufschrift? Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers.” Da wies Jesus auf die Inschrift der Münze und antwortete: “So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!” Markus 12,15-17. LJ 595.1
Die Späher hatten erwartet, daß Jesus ihre Frage so oder so direkt beantworten werde. Hätte er gesagt: Es verstößt gegen das Gesetz, dem Kaiser Steuern zu zahlen, dann hätten sie das den römischen Behörden berichtet, und er wäre verhaftet worden mit der Begründung, versucht zu haben, einen Aufstand anzuzetteln. Falls er es aber als legal hingestellt hätte, den Römern Steuern zu zahlen, dann hätten sie ihn vor dem Volk als Gegner des Gesetzes Gottes anklagen können. Jetzt waren sie verwirrt und niedergeschlagen. Ihre Pläne waren durchkreuzt. Die summarische Art, mit der ihre Frage erledigt worden war, schnitt ihnen weitere Entgegnungen ab. LJ 595.2
„Die Sadduzäer waren entschlossen, diese Lehre in Verruf zu bringen. Wenn sie auch nicht seine Verurteilung herbeiführen konnten, so vermochten sie doch ganz sicher, Jesus durch bewußten Streit Schaden zuzufügen. Ausgerechnet die Frage der Auferstehung suchten sie sich dafür aus. Stimmte er ihnen zu, dann würde er die Pharisäer dadurch um so mehr kränken. Wäre er dagegen anderer Meinung als sie, dann wollten sie seine Lehre lächerlich machen. LJ 598.2
Die Sadduzäer dachten, daß der Leib, falls er im unsterblichen wie im sterblichen Zustand aus den gleichen Stoffteilen bestehe, nach der Auferstehung wieder Fleisch und Blut haben müsse und in der Ewigkeit das auf Erden unterbrochene Leben fortsetzen werde. In diesem Falle müßten die, so folgerten sie, irdischen Verwandtschaften weiterbestehen; Mann und Frau kämen wieder zusammen, Heiraten würden vollzogen werden, und alles ginge so weiter wie vor dem Tode. Die Fehler und Leidenschaften dieses irdischen Lebens würden demnach im künftigen Leben verewigt werden. LJ 598.3
Mit seiner Antwort auf ihre Frage lüftete Jesus den Schleier vom künftigen Leben. Er sagte: “In der Auferstehung werden sie weder freien noch sich freien lassen, sondern sie sind gleichwie die Engel im Himmel.” Matthäus 22,30. Dadurch legte er dar, daß der Glaube der Sadduzäer falsch sei. Ihre Voraussetzungen waren fehlerhaft. “Ihr irret”, erklärte er, “und kennet die Schrift nicht noch die Kraft Gottes.” Matthäus 22,29. Er beschuldigte sie nicht wie die Pharisäer der Heuchelei, sondern des Glaubensirrtums. LJ 598.4
Die Sadduzäer schmeichelten sich damit, daß sie sich am genauesten an die heiligen Schriften hielten. Jesus aber wies ihnen nach, daß sie deren wahre Bedeutung nicht erfaßt hatten. Erst durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes gelangt das Herz zu wahrer Erkenntnis. Ihre mangelnde Schriftkenntnis und ihre Unwissenheit hinsichtlich der Kraft Gottes bezeichnete er als die Ursache ihrer Glaubensverwirrung und ihrer geistigen Verfinsterung. Sie trachteten danach, die Geheimnisse Gottes in den Rahmen ihres begrenzten Verstandes zu pressen. Christus rief sie dazu auf, sich den heiligen Wahrheiten zu öffnen, die ihr Verständnis erweitern und stärken würden. Tausende verfallen dem Unglauben, weil ihr begrenzter Verstand die Geheimnisse Gottes nicht begreifen kann. Sie können die wunderbare Entfaltung göttlicher Macht in seinen Fügungen nicht erklären. Deshalb lehnen sie die Beweise für diese Macht ab und schreiben sie natürlichen Quellen zu, die sie noch weniger verstehen. Der einzige Schlüssel zu den Geheimnissen, die uns umgeben, besteht darin, in ihnen die Gegenwart und Kraft Gottes zu erkennen. Die Menschen müssen Gott als den Schöpfer des Alls erkennen, der alles anordnet und ausführt. Sie benötigen eine umfassendere Kenntnis seines Wesens und des Geheimnisses seines Wirkens. LJ 599.1
Lies Markus 12:28-34. Welche tiefgründige Frage stellte der freundliche Schriftgelehrte, und welche doppelte Antwort gab Jesus?
„Die Pharisäer hatten die ersten vier Gebote, die auf die Pflichten des Menschen gegenüber seinem Schöpfer hinweisen, als weit bedeutsamer hingestellt als die anderen sechs, die das Verhalten des Menschen zu seinem Mitmenschen regeln. Infolgedessen fehlte es ihnen an praktischer Frömmigkeit. Jesus hatte dem Volk gezeigt, woran es ihm so sehr ermangelte. Dabei hatte er auf die Notwendigkeit der guten Werke hingewiesen und erklärt, daß man den Baum an seiner Frucht erkenne. Aus diesem Grunde war er bezichtigt worden, er stelle die letzten sechs Gebote über die ersten vier. LJ 600.3
Der Rechtsgelehrte nähert sich Jesus mit einer direkten Frage: “Meister, welches ist das vornehmste Gebot im Gesetz?” Matthäus 22,36. Christi Antwort kommt unverzüglich und überzeugend: “Das vornehmste Gebot ist das: ‘Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist allein der Herr, und du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüte und von allen deinen Kräften.’” Markus 12,29.30. Das zweite ist dem ersten gleich, sagte Christus; denn es ergibt sich aus ihm: “‘Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst’. Es ist kein anderes Gebot größer als diese.” Markus 12,31. “In diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.” Matthäus 22,40. LJ 600.4
Die ersten vier der Zehn Gebote werden in der einen großen Verordnung zusammengefaßt: “Du sollt den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen.” 5.Mose 6,5. Die letzten sechs sind in der anderen Verordnung enthalten: “Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.” 3.Mose 19,18. Diese beiden Gebote sind ein Ausdruck des Grundgedankens der Liebe. Weder kann das erste gehalten und das zweite gebrochen, noch das zweite beachtet und das erste übertreten werden. Räumen wir Gott den ihm gebührenden Platz in unserem Herzen ein, dann erhält auch unser Mitmensch den Platz, der ihm zukommt, nämlich ihn so zu lieben, wie wir uns selbst lieben. Nur wenn wir Gott über alles lieben, vermögen wir auch unseren Nächsten rückhaltlos zu lieben. LJ 600.5
Da sämtliche Gebote in der Liebe zu Gott und zum Nächsten zusammengefaßt sind, folgt daraus, daß nicht ein Gebot übertreten werden kann, ohne diesen Grundsatz zu verletzten. Auf diese Weise lehrte Jesus seine Zuhörer, daß das Gesetz Gottes nicht aus vielen Einzelvorschriften besteht, von denen einige bedeutsamer seien als die anderen, die man daher ungestraft übertreten könne. Unser Herr stellt die ersten vier und die letzten sechs Gebote als ein göttliches Ganzes dar und lehrt, daß sich die Liebe zu Gott nur durch den Gehorsam gegenüber allen Geboten erweist. LJ 601.1
Der Schriftgelehrte, der Jesus gefragt hatte, war im Gesetz wohlbewandert und daher über Jesu Worte verwundert. Er hatte bei Jesus keine so tiefe und gründliche Schriftkenntnis erwartet. Nun aber war ihm ein besseres Verständnis der Grundsätze zuteil geworden, die den heiligen Geboten zugrunde liegen. Vor den versammelten Priestern und Obersten erkannte er ehrlich an, daß Christus die richtige Auslegung des Gesetzes gegeben hatte, und sagte: LJ 601.2
“Meister, du hast wahrlich recht geredet. Er ist nur einer und ist kein anderer außer ihm; und ihn lieben von ganzem Herzen, von ganzem Gemüte und von allen Kräften, und seinen Nächsten lieben wie sich selbst, das ist mehr als alle Brandopfer und Schlachtopfer.” Markus 12,32.33. LJ601.3
Die Weisheit der Antwort Jesu hatte den Schriftgelehrten überzeugt. Er wußte, daß die Religion der Juden mehr aus äußerlichen Zeremonien als aus innerlicher Frömmigkeit bestand. Ferner begriff er, daß bloße Zeremonielle Opfer wertlos sind und daß es nutzlos ist, ungläubigen Herzens Blut zur Tilgung der Sünden zu vergießen. Liebe zu Gott und Gehorsam ihm gegenüber sowie selbstlose Hinneigung zum Mitmenschen hielt er für wertvoller als alle rituellen Handlungen. Die Bereitwilligkeit dieses Mannes, einzuräumen, daß Christus richtig dachte, wie auch seine entschiedene und prompte Antwort vor allem Volk bewiesen eine Gesinnung, die sich von der der Priester und Obersten deutlich unterschied. Jesu Herz erschloß sich voller Mitgefühl diesem ehrlichen Schriftgelehrten, der es gewagt hatte, die finsteren Blicke der Priester und die Drohungen der Obersten zu mißachten und seine Herzensüberzeugung zu äußern. “Da Jesus aber sah, daß er verständig antwortete, sprach er zu ihm: Du bist nicht ferne von dem Reich Gottes.” Markus 12,34. LJ 601.4
Der Schriftgelehrte war dem Reich Gottes nahe, weil er erkannt hatte, daß Taten der Gerechtigkeit Gott angenehmer sind als Brandopfer und Schlachtopfer. Aber noch vermochte er nicht die Göttlichkeit Christi zu erfassen und durch den Glauben an ihn die Kraft zu erhalten, die Werke der Gerechtigkeit auch zu vollbringen. Die rituellen Handlungen blieben so lange wertlos, als sie nicht durch den lebendigen Glauben mit Christus verbunden waren. Selbst das Sittengesetz verfehlt seinen Zweck, wenn es nicht in seiner Beziehung zum Heiland verstanden wird. Wiederholt hatte Christus darauf hingewiesen, daß das Gesetz seines Vaters einen tieferen Gehalt habe als bloßes Erteilen obrigkeitlicher Befehle. Im Gesetz wird der gleiche Grundsatz verkörpert wie im Evangelium. Das Gesetz weist den Menschen auf seine Pflichten hin und zeigt ihm seine Schuld. Auf Christus muß er schauen, wenn er Vergebung erlangen und Kraft erhalten will, das zu tun, was das Gesetz gebietet. LJ 602.1
Die Pharisäer umstanden Jesus ganz dicht, als er die Frage des Schriftgelehrten beantwortete. Jetzt wandte er sich ihnen zu und fragte sie: “Was denkt ihr von dem Christus? Wessen Sohn ist er?” Matthäus 22,42. Diese Frage sollte ihren Glauben an den Messias prüfen; sie sollte zeigen, ob sie ihn nur für einen Menschen oder für den Sohn Gottes hielten. Ein ganzer Chor antwortete darauf: “Davids!” Matthäus 22,42. Das war der Titel, den die Propheten dem Messias verliehen hatten. Als Jesus durch seine machtvollen Wunder seine Göttlichkeit offenbarte, als er Kranke heilte und Tote auferweckte, hatte sich das Volk gefragt: “Ist das nicht Davids Sohn?” die kanaanäische Frau, der blinde Bartimäus und viele andere hatten ihn um Hilfe angefleht: “Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich mein!” Matthäus 15,22. Bei seinem Einzug in Jerusalem wurde er mit den Freudenrufen begrüßt: “Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn!” Matthäus 21,9. Die kleinen Kinder im Tempel ließen an jenem Tage diese frohen Rufe noch einmal widerhallen. Viele aber, die Jesus als Sohn Davids bezeichneten, erkannten seine Göttlichkeit nicht. Sie begriffen nicht, daß Davids Sohn zugleich der Sohn Gottes war. LJ 602.2
Als Antwort auf die Aussage der Pharisäer, daß Christus der Sohn Davids sei, fragte Jesus: “Wie kann ihn dann David im Geist einen Herrn nennen, wenn er sagt: ‘Der Herr hat gesagt zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis daß ich lege deine Feinde unter deine Füße’? So nun David ihn einen Herrn nennt, wie ist er denn sein Sohn? Und niemand konnte ihm ein Wort antworten, und wagte auch niemand von dem Tage an, ihn hinfort zu fragen.” Matthäus 22,43-46; Psalm 110,1. LJ 603.1