„Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele. Markus 10:45
Wieder schien der alte Streit ausbrechen zu wollen, wer von ihnen der Größte wäre, als Jesus die empörten Jünger zu sich rief und sagte: “Ihr wisset, daß die weltlichen Fürsten ihre Völker niederhalten, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt. Aber so soll es nicht sein unter euch.” Markus 10,42.43. LJ 541.2
In den Reichen dieser Welt sind Rang und Würden gleichbedeutend mit Selbsterhöhung. Es wird vorausgesetzt, daß das einfache Volk nur zum Nutzen der herrschenden Klassen da ist. Einfluß, Wohlstand und Bildung bieten den Regierenden viele Möglichkeiten, die Massen zu ihrem eigenen Vorteil zu beherrschen. Sache der Oberschicht sei es, zu denken, zu entscheiden, zu genießen und zu regieren. Die andern hätten zu gehorchen und zu dienen. Über die Religion hätten wie über alle anderen Dinge auch allein die staatlichen Behörden zu befinden. Das Volk habe nur zu glauben und das auszuführen, was die Vorgesetzen befehlen. Das natürliche Recht eines jeden Menschen, aus eigenem Antrieb zu denken und zu handeln, wurde dem Volk völlig aberkannt. LJ 541.3
In dem Reich, das Christus errichtete, sollten andere Grundsätze gelten. Er rief die Menschen nicht zur Herrschaft, sondern zum Dienst. Der Starke sollte die Gebrechlichkeit des Schwachen tragen. Wer über Macht, Stellung, Begabung, Bildung verfügt, soll damit in besonderer Weise zum Dienst an seinen Mitmenschen verpflichtet sein. Selbst von den Niedrigsten der Nachfolger Christi heißt es: “Es geschieht alles um euretwillen.” 2.Korinther 4,15. LJ 541.4
“Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele.” Markus 10,45. Im Kreise seiner Jünger war Christus in jeder Weise darauf bedacht, für sie zu sorgen und ihre Lasten zu tragen. Er teilte ihre Armut, verleugnete sich selbst um ihretwillen, ging vor ihnen her, um Schwierigkeiten zu glätten, und würde bald seine irdische Aufgabe dadurch beenden, daß er sein Leben dahingab. Bei all seinen Handlungen geht es Christus darum, die Glieder seiner Gemeinde, die seinen Leib darstellt, anzuspornen. Liebe hat die Erlösung geplant, Liebe hat sie bewirkt. Im Königreich Christi werden jene die größten sein, die seinem Beispiel nacheifern und sich als Hirten seiner Herde bewähren. LJ 542.1
Der Apostel Paulus drückt die wahre Würde und Ehre eines christlichen Lebens mit den Worten aus: “Wiewohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knechte gemacht.” 1.Korinther 9,19. “Ich ... suche nicht, was mir, sondern was vielen frommt, damit sie gerettet werden.” 1.Korinther 10,33. LJ 542.2
In Gewissensangelegenheiten dürfen niemandem Fesseln angelegt werden. Niemand ist berechtigt, eines anderen Denken zu beherrschen, für ihn zu entscheiden oder ihm seine Pflichten vorzuschreiben. Gott verleiht jedem Menschen die Freiheit, selbst zu denken und seiner Überzeugung zu folgen. “So wird nun ein jeglicher für sich selbst Gott Rechenschaft geben.” Römer 14,12. Niemand darf seine eigene Persönlichkeit in der eines andern Menschen aufgehen lassen. In allen grundsätzlichen Fragen muß es heißen: “Ein jeglicher sei in seiner Meinung gewiß.” Römer 14,5. Im Reiche Jesu Christi gibt es weder gebieterische Unterdrückung noch Zwangsmittel. Auch die Engel des Himmels steigen nicht auf die Erde herab, um hier zu herrschen und Ehrerbietung zu erzwingen, sondern um als Botschafter der Gnade gemeinsam mit den Erdenbewohnern die menschliche Natur zu adeln. LJ 542.3
Lies Markus 10:1-12, sowie Genesis 1:27 und Genesis 2:24. Welche Falle verbarg sich hinter der Frage des Pharisäers nach der Ehescheidung, und welche Lektion lehrte Jesus in seiner Antwort?
„In der jugendlichen Vorstellung ist die Ehe mit Romantik überzogen, und es ist schwierig, sie von diesem Merkmal zu befreien, mit dem die Phantasie sie überzieht, und ihr ein Gefühl für die gewichtige Verantwortung zu geben, die mit dem Ehegelübde verbunden ist. Dieses Gelübde verbindet die Schicksale der beiden Individuen mit Banden, die nichts als die Hand des Todes durchtrennen kann.“ 4T 506.3
„Jedes Eheversprechen sollte sorgfältig überlegt sein, denn die Ehe ist ein Schritt fürs Leben. Sowohl der Mann als auch die Frau sollten sorgfältig abwägen, ob sie sich durch die Wechselfälle des Lebens hindurch aneinander binden können, solange sie beide leben werden.“ 11LtMs, Lt 17, 1896, par. 8
„Bei den Juden war es einem Mann erlaubt, seine Frau bei den geringsten Vergehen zu verstoßen, und die Frau durfte dann wieder heiraten. Diese Praxis führte zu großem Elend und Sünde. In der Bergpredigt erklärte Jesus unmissverständlich, dass es keine Auflösung des Ehebandes geben dürfe, außer bei Untreue gegenüber dem Ehegelübde. „Wer sich von seiner Frau trennt, es sei denn um der Unzucht willen, der macht sie zur Ehebrecherin; und wer sie heiratet, wenn sie sich von ihm trennt, der begeht Ehebruch.“ R.V. MB 63.1
„Als die Pharisäer ihn später über die Rechtmäßigkeit der Ehescheidung befragten, wies Jesus seine Zuhörer auf die Institution der Ehe zurück, wie sie bei der Schöpfung festgelegt wurde. „Wegen der Härte eures Herzens“, sagte er, “hat Mose euch erlaubt, eure Frauen zu entlassen; aber von Anfang an war es nicht so.“ Matthäus 19:8. Er verwies sie auf die gesegneten Tage von Eden, als Gott alle Dinge für „sehr gut“ erklärte. Damals hatten die Ehe und der Sabbat ihren Ursprung, zwei Institutionen zur Ehre Gottes und zum Nutzen der Menschheit. Als der Schöpfer dann die Hände des heiligen Paares in der Ehe verband und sagte: „Der Mensch wird Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und sie werden eins sein“ (Genesis 2:24), verkündete er das Gesetz der Ehe für alle Kinder Adams bis zum Ende der Zeit. Das, was der ewige Vater selbst für gut befunden hatte, war das Gesetz des höchsten Segens und der höchsten Entwicklung für den Menschen. MB 63.2 'Jesus kam in unsere Welt, um Fehler zu korrigieren und das moralische Bild Gottes im Menschen wiederherzustellen. In den Köpfen der Lehrer Israels hatten sich falsche Vorstellungen über die Ehe festgesetzt. Sie machten die heilige Institution der Ehe unwirksam. Der Mensch wurde so hartherzig, dass er sich unter dem geringsten Vorwand von seiner Frau trennte, oder, wenn er wollte, sie von den Kindern trennte und sie wegschickte. Dies wurde als große Schande angesehen und war oft von großem Leid für die Verlassene begleitet.“ 14LtMs, Ms 16, 1899, par. 10
„Christus ist nicht gekommen, um das Gesetz zu zerstören, sondern um jede seiner Bestimmungen zu erfüllen. Er kam, um die Werke der Unterdrückung, die der Feind überall aufgerichtet hatte, niederzureißen und zu zerstören. Es stand in vollkommener Harmonie mit seinem Charakter und seinem Werk, die Tatsache bekannt zu machen, dass die Ehe eine heilige und heilige Institution ist.“ 14LtMs, Ms 16, 1899, par. 31
Lies Markus 10:13-16. Was hat Jesus für diejenigen getan, die Kinder zu ihm brachten?
Jesus war ein großer Freund der Kinder. Er nahm ihre kindliche Teilnahme, ihre freimütige, natürliche Liebe gern entgegen. Der dankbare Lobpreis von ihren reinen Lippen war Musik in seinen Ohren und erquickte ihn besonders nach dem bedrückenden Zusammensein mit heuchlerischen und verschlagenen Menschen. Wohin der Heiland auch kam, überall gewannen ihm sein freundliches Aussehen und seine herzliche Art die Liebe und das Zutrauen der Kinder. LJ 505.1
Es entsprach der jüdischen Sitte, die kleinen Kinder zum Rabbiner zu bringen, damit dieser seine Hände segnend auf sie lege. Als aber einmal jüdische Mütter ihre Kinder zu Jesus brachten, damit sie von ihm gesegnet würden, wurden seine Jünger unwillig. Sie sahen des Meisters Werk als viel zu wichtig an, um es durch diesen Dienst unterbrechen zu lassen. Auch hielten sie die Kinder für eine solche Segnung noch für viel zu jung und glaubten, daß ihr Herr über diese Störung ungehalten sein könnte. Aber es waren die Jünger, über die der Heiland sich ungehalten zeigte. Für die Sorge und Last der Mütter, die ihre Kinder nach dem Worte Gottes zu erziehen suchten, zeigte er volles Verständnis; er hatte ihre Gebete gehört und sie selbst mit ihren Kindern zu sich gezogen. LJ 505.2
Eine Mutter hatte sich mit ihrem Kind auf den Weg zu Jesus gemacht und unterwegs einer Bekannten von ihrem Vorhaben erzählt, die ebenfalls wünschte, daß ihr Kind gesegnet werde. Andere folgten ihrem Beispiel, so daß eine ganze Schar Mütter mit kleinen und größeren Kindern zum Herrn kam. Jesus hörte freudig ihre mit furchtsamer, tränenerstickter Stimme vorgetragenen Bitten. Doch er wartete ab, um zu sehen, wie seine Jünger diesen Frauen gegenübertreten würden. Als Jesus bemerkte, wie seine Jünger die Mütter wegschicken wollten, weil sie glaubten, ihm damit einen Gefallen zu tun, rügte er sie und sagte: “Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solcher ist das Reich Gottes.” Lukas 18,16. Er nahm die Kinder in seine Arme, legte seine Hände auf sie und gab ihnen den Segen, um dessentwillen sie gekommen waren. LJ 505.3
Die Mütter aber empfingen geistlichen Zuspruch und kehrten gestärkt und hoffnungsfroh wieder nach Hause zurück. Sie konnten nun mit neuem Mut die Last ihres Lebens tragen und mit frohem Glauben ihre Kinder erziehen. Auch heute können die Mütter ebenso vertrauensvoll die Worte Jesu aufnehmen; er ist derselbe persönliche Heiland geblieben, der er war, als er als Mensch unter Menschen lebte; er hilft den Müttern heute ebenso treu, wie er ihnen einst geholfen hat, als er die Kleinen in seinen Armen hielt. Unsere Kinder heute sind ebenso teuer durch sein Blut erkauft wie die Kinder damals.LJ 506.1
Jesus kennt die Last eines jeden Mutterherzens. Er, der eine Mutter hatte, die mit Armut und Entbehrung kämpfte, hat für die Mühen jeder Mutter Verständnis. Er, der eine lange Reise unternahm, um dem bekümmerten Herzen einer Kanaaniterin beizustehen, wird dasselbe auch für die heutigen Mütter tun. Er, der der Witwe zu Nain ihren einzigen Sohn zurückgab und der in seinem Todeskampf am Kreuz noch an seine eigene Mutter dachte, weiß um die Sorgen der Mütter heute. In jedem Kummer und in jeder Not will er trösten und helfen. LJ 506.2
Möchten doch recht viele Mütter mit ihren Sorgen und Nöten zum Heiland kommen! Bei ihm finden sie genügend innere Kraft, die ihnen bei der Erziehung ihrer Kinder helfen wird. Der Weg zum Herrn ist jeder Mutter geebnet, die ihre Kinder zu des Heilandes Füßen niederlegen will. Er, der gesagt hat: “Lasset die Kinder zu mir kommen”, hält heute noch seinen Segen für die Kleinen bereit. Sogar der Säugling im Arm der Mutter kann durch den Glauben der betenden Mutter “unter dem Schatten des Allmächtigen” (Psalm 91,1) leben. Johannes der Täufer war von seiner Geburt an vom Heiligen Geist erfüllt. Wenn wir in Gemeinschaft mit Gott leben, dürfen auch wir erwarten, daß der göttliche Geist unsere Kleinen selbst von ihren frühesten Augenblicken an formt. LJ 506.3
Jesus sah in den Kindern, die zu ihm gebracht wurden, Erben seiner Gnade und Untertanen seines Reiches. Viele von ihnen würden um seinetwillen zum Märtyrer werden. Er wußte, daß diese Kinder ihm williger ihr Herz öffnen und ihn als ihren Heiland annehmen würden als die Erwachsenen, von denen viele zu den Weltweisen und Hartherzigen gehörten. Er beugte sich zu ihnen herab und verschmähte es nicht, ihre kindlichen Fragen zu beantworten und sie so zu belehren, wie es ihrem kindlichen Verständnis entsprach. Er legte in ihre empfangsfreudigen Herzen Samenkörner der Wahrheit, die später aufgehen und Frucht zum ewigen Leben bringen würden. LJ 507.1
In der Tat ist es so, daß Kinder für die Wahrheiten des Evangeliums am empfänglichsten sind; ihre Herzen sind dem göttlichen Einfluß weit geöffnet, und ihre Gedanken bewahren leicht die aufgenommenen Lehren. Schon kleine Kinder können Christen sein mit Erfahrungen, die ihrem Lebensalter entsprechen. Sie müssen in geistlichen Dingen unterrichtet werden, und die Eltern sollten sie darin in jeder Weise fördern, damit sich ihr Charakter nach dem Vorbild des Heilandes entwickeln kann. LJ 507.2
Lies Markus 10:17-31. Welche entscheidenden Lektionen über den Glauben und die Kosten der Nachfolge - für jeden, ob reich oder arm - werden hier offenbart?
Der Herr prüfte diesen jungen Mann; er ließ ihn zwischen himmlischen Gütern und weltlicher Größe wählen. Der himmlische Schatz wurde ihm zugesichert, wenn er dem Herrn nachfolgen würde; aber dazu mußte er sich völlig Jesus weihen und seinen Willen unter göttliche Leitung stellen. Die Kindschaft des Allerhöchsten wurde ihm angeboten; ihm wurde die Gnade zuteil, ein Miterbe des himmlischen Schatzes zu werden, wenn er das Kreuz auf sich nähme und dem Heiland auf dem beschwerlichen Wege der Selbstverleugnung nachfolgte. LJ 513.1
Die Worte Jesu enthalten wirklich für den Jüngling die Aufforderung: “Wählt euch heute, wem ihr dienen wollt.” Josua 24,15. Er konnte wählen. Jesus sehnte sich nach der Bekehrung des jungen Obersten. Der Herr hatte ihm den schwersten Mangel seines Charakters gezeigt und erwartete nun mit großem Interesse des Jünglings Entscheidung. Entschiede er sich, Jesus nachzufolgen, mußte er sich ganz unter den Gehorsam des Wortes Jesu stellen. Das bedeutete für ihn die Aufgabe aller seiner ehrgeizigen Pläne. Wie ernst und besorgt, mit welch innerem Verlangen blickte der Heiland auf den Jüngling, hoffend, er werde dem Anruf des Geistes Gottes nachgeben! LJ 513.2
Christus zeigte ihm den einzigen Weg, auf dem er zu einem vollkommenen christlichen Charakter kommen konnte. Seine Worte waren Worte der Weisheit, wenn sie auch streng und anspruchsvoll schienen. Sie anzunehmen und ihnen gehorsam zu sein, darin bestand die einzige Hoffnung des Jünglings auf Erlösung. Seine bevorzugte irdische Stellung und seine Reichtümer übten auf seinen Charakter einen unbewußten, aber unheilvollen Einfluß aus. Wenn er diesen Einfluß weiter auf sich wirken ließe, würde das Gott aus seinem Herzen verdrängen. Ob er Gott wenig oder viel vorenthielte, es hieße das zu behalten, was seine sittliche Kraft und Leistungsfähigkeit schmälern würde; denn wenn wir an den Dingen dieser Welt hängen, wie zweifelhaft und wertlos sie auch sein mögen, werden sie uns schließlich völlig beherrschen. LJ 513.3
Er begriff sehr gut, was Jesu Worte ihm sagen wollten, und wurde traurig. Hätte er sich den Wert der ihm angebotenen Gabe vergegenwärtigt, würde er sich unverzüglich dem Herrn angeschlossen haben. Er gehörte dem geachteten Rat der Juden an, und Satan versuchte ihn mit schmeichelhaften Zukunftsaussichten. Er wünschte sich den himmlischen Schatz, wollte aber ebensowenig auf die irdischen Vorteile verzichten, die sein Reichtum ihm bringen würde. Er war betrübt über derartige Bedingungen. Ihn verlangte nach dem ewigen Leben; dennoch konnte er sich nicht entschließen, das geforderte Opfer zu bringen. Das ewige Leben erschien ihm zu teuer, und er ging traurig von dannen; “denn er hatte viele Güter”. Markus 10,22. LJ 514.1
Sein Anspruch, das Gesetz Gottes erfüllt zu haben, war eine Selbsttäuschung; denn er bewies, daß Reichtum sein Götze war. Er konnte die Gebote Gottes nicht halten, solange das Irdische den ersten Platz in seinen Neigungen einnahm. Er liebte die Gaben Gottes mehr als den Geber. Jesus hatte dem Jüngling seine Gemeinschaft angeboten. “Folge mir nach!” hatte er ihm zugerufen; doch der Heiland bedeutete ihm nicht soviel wie sein eigenes Ansehen unter den Menschen oder seine Güter. Seinen irdischen Reichtum, der sichtbar war, für den himmlischen Schatz aufzugeben, der unsichtbar war, erschien ihm als ein zu großes Wagnis. Er schlug das Anerbieten des ewigen Lebens aus und ging hinweg; seitdem gehörte seine Anbetung der Welt. Tausende gehen durch die gleiche Prüfung; sie vergleichen Christus mit der Welt, und viele entscheiden sich für die Welt! Sie wenden sich, gleich dem Jüngling, vom Heiland ab und sagen sich in ihrem Herzen: Diesen will ich nicht als meinen Führer haben. LJ 514.2
Christi Verhalten zu dem Jüngling ist ein guter Anschauungsunterricht für uns. Gott hat uns Verhaltungsmaßregeln gegeben, denen jeder einzelne seiner Diener folgen muß. Zu ihnen gehört der Gehorsam gegen sein Gesetz; nicht nur ein gesetzlicher Gehorsam, sondern ein Gehorsam, der unser Leben durchdringt und sich im Charakter verwirklicht. Gott hat sein eigenes Wesen zum Maßstab gesetzt für alle, die Untertanen seines Reiches werden wollen. Nur jene, die Christi Mitarbeiter werden wollen, nur jene, die sprechen: Herr, alles was ich habe und alles was ich bin, ist dein!, werden als Kinder Gottes anerkannt werden. Alle sollten sich bewußtmachen, was es heißt, den Himmel zu begehren und sich dennoch abzuwenden, weil sie die geforderten Bedingungen nicht erfüllen wollen. Denkt daran, was es bedeutet, Christus ein Nein entgegenzuhalten. Der Jüngling sagte: Ich kann dir nicht alles geben! Sprechen wir auch so? Der Heiland will sich mit uns in die gegebene Aufgabe teilen. Er bietet uns an, die von Gott verliehenen Mittel zu gebrauchen, um sein Werk in der Welt voranzutreiben. Allein auf diesem Wege vermag er uns zu retten. LJ 514.3
Sich mit den ihm anvertrauten Gütern als treuer Haushalter zu erweisen, war dem reichen Jüngling bestimmt. Er sollte sie zum Segen der Bedürftigen verwenden. Ebenso schenkt Gott heute den Menschen Mittel und Fähigkeiten und gibt ihnen Gelegenheiten, seine Helfer zu sein bei der Betreuung der Armen und Leidenden. Wer die ihm anvertrauten Gaben so verwendet, wie Gott es bestimmt, wird ein Mitarbeiter des Heilandes. Er gewinnt Seelen für Christus, weil er das Wesen seines Meisters in sich selbst verkörpert. LJ 515.1
Denen, die — gleich dem Jüngling — eine hohe Vertrauensstellung bekleiden und große Besitztümer ihr eigen nennen, scheint das Opfer, alles aufzugeben, um Christus nachzufolgen, zu groß zu sein. Doch gerade das ist der Maßstab für alle, die seine Jünger werden wollen. Mangelnder Gehorsam kann nicht angenommen werden. Selbstaufgabe ist der Kern der Lehren des Heilandes. Häufig sind diese mit Worten dargelegt und eingeschärft, die gebieterisch scheinen, weil es keinen anderen Weg gibt, Menschen zu retten, als jene “Dinge” fortzuwerfen, die — wenn man sie hegt — den ganzen Menschen verderben. LJ 515.2
Indem Christen dem Herrn das Seine zurückgeben, sammeln sie sich einen Schatz, den sie empfangen werden, wenn sie die Worte hören: “Ei, du frommer und getreuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen; gehe ein zu deines Herrn Freude!” Matthäus 25,23. “Darum also wollen auch wir ... hinblicken auf den Anfänger und Vollender des Glaubens, Jesus, der, um die vor ihm liegende Freude zu erlangen, das Kreuz erduldete, die Schande geringachtete und sich zur Rechten des Thrones Gottes gesetzt hat.” Hebräer 12,2 (Zürcher). Die Freude, Seelen erlöst und für immer gerettet zu sehen, ist der Lohn derer, die in den Fußspuren Jesu wandeln, der gesagt hat: “Folge mir nach!”LJ 515.3
Lies Markus 10:33-45. Wie offenbaren diese Verse die anhaltende Unwissenheit der Jünger nicht nur über die Mission Jesu, sondern auch darüber, was es bedeutet, ihm zu folgen?
„Da rief Jesus die Zwölf zu sich und eröffnete ihnen entschiedener als je zuvor die Geschehnisse seines Leidensweges. “Wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von des Menschen Sohn. Denn er wird überantwortet werden den Heiden, und er wird verspottet und geschmäht und verspeit werden, und sie werden ihn geißeln und töten; und am dritten Tage wird er auferstehen. Sie aber verstanden der keines, und die Rede war ihnen verborgen, und wußten nicht, was das Gesagte war.” Lukas 18,31-34. LJ 538.2
Hatten sie nicht soeben noch verkündigt: “Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen”? Matthäus 10,7. Hatte Christus nicht selbst verheißen, daß viele mit Abraham, Isaak und Jakob im Königreich Gottes sitzen würden? Matthäus 8,11. Ja, hatte er den Zwölfen nicht darüber hinaus besondere Ehrenstellungen in seinem Reich versprochen — dereinst würden sie “sitzen auf zwölf Thronen und richten die zwölf Stämme Israels”? Matthäus 19,28. Eben noch hatte er hervorgehoben, daß alles, was die Propheten von ihm niedergeschrieben hatten, sich erfüllen würde. Hatten die Propheten nicht den Glanz der messianischen Herrschaft vorhergesagt? Wenn man an diese Aussagen dachte, schienen Jesu Worte über Verrat, Verfolgung und Tod unklar und unverständlich zu sein. Die Jünger glaubten, daß das Königreich Gottes trotz möglicherweise aufkommender Schwierigkeiten bald aufgerichtet werden würde. LJ 538.3
Johannes, der Sohn des Zebedäus, gehörte zu den beiden ersten Jüngern, die dem Herrn nachgefolgt waren. Er und sein Bruder Jakobus hatten mit als erste alles verlassen, um ihm zu dienen. Freudig hatten sie sich von ihrer Familie und ihren Freunden getrennt, weil sie bei ihm sein wollten. Sie waren mit ihm gewandelt und hatten mit ihm gesprochen. In der privaten Sphäre eines Heimes wie auch in öffentlichen Versammlungen waren sie an seiner Seite gewesen. Er hatte ihre Ängste besänftigt, sie aus Gefahren errettet, von Leiden befreit, ihren Kummer gebannt und so lange geduldig und liebevoll mit ihnen gesprochen, bis ihre Herzen mit seinem Herzen übereinzustimmen schienen und sie sich in inbrünstiger Liebe danach sehnten, dereinst in seinem Königreich ganz nahe bei ihm zu sein. Bei jeder passenden Gelegenheit war Johannes an der Seite des Heilandes zu finden, und auch Jakobus wünschte nichts sehnlicher, als durch eine enge Verbindung mit Jesus geehrt zu werden. LJ 539.1
Jesus war ihnen sehr zugetan; deshalb tadelte er auch nicht ihre Selbstsucht, mit der sie persönliche Vorteile vor ihren Brüdern suchten. Er las in ihren Herzen und kannte ihre tiefe Zuneigung zu ihm. Obwohl durch ihren irdischen Charakter verunreinigt, war ihre Liebe nicht nur eine menschliche Gemütsbewegung, sondern sie entsprang seiner Erlöserliebe. “Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde und euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde?” fragte er sie. Ihnen fielen seine geheimnisvollen Worte ein, in denen von Verfolgung und Leiden die Rede war. Dennoch antworteten sie: “Ja, das können wir.” Matthäus 20,22. Sie würden es sich zur höchsten Ehre anrechnen, wenn sie ihre Treue dadurch beweisen dürften, daß sie alles, was ihrem Herrn zustoßen sollte, mit ihm teilten. LJ 539.6
“Ihr werdet ... den Kelch trinken, den ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, mit der ich getauft werde”, sagte Jesus daraufhin. Markus 10,39. Vor ihm lag ein Kreuz statt eines Thrones, und zu seiner Rechten und Linken zwei Übeltäter als Schicksalsgenossen. Jawohl, Johannes und Jakobus sollten an dem Leiden ihres Meisters teilhaben dürfen! Der eine sollte als erster der Brüder durch das Schwert umkommen; der andere sollte am längsten von allen Mühsal, Schande und Verfolgung erdulden. LJ 540.1
“Aber das Sitzen zu meiner Rechten und Linken zu geben, steht mir nicht zu, sondern denen es bereitet ist von meinem Vater.” Matthäus 20,23. Im Reiche Gottes erlangt man Stellung und Würde nicht durch Begünstigung. Weder kann man sie sich verdienen, noch werden sie einem beliebig verliehen. Sie sind eine Frucht des Charakters. Krone und Thron sind Merkmale eines erreichten Zieles, sie sind Zeichen der Selbstüberwindung durch unseren Herrn Jesus Christus. LJ 540.2
Lange danach, als Johannes durch die Teilhabe an den Leiden Jesu eng mit Christus verbunden war, offenbarte ihm der Herr, was es heißt, seinem Königreich nahe zu sein. Ihm sagte er: “Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Throne zu sitzen, wie ich überwunden habe und mich gesetzt mit meinem Vater auf seinen Thron.” Offenbarung 3,21. “Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes ... und meinen Namen, den neuen.” Offenbarung 3,12. Der Apostel Paulus drückt das so aus: “Ich werde schon geopfert, und die Zeit meines Abscheidens ist vorhanden. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten; hinfort ist mir bereit die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tage geben wird.” 2.Timotheus 4,6-8. LJ 540.3
Dem Herzen Jesu am nächsten stehen wird, wer hier auf Erden am meisten von Christi aufopfernder Liebe in sich aufgenommen hat, von der es heißt: “Die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie blähet sich nicht, sie stellt sich nicht ungebärdig, sie suchet nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu.” 1.Korinther 13,4.5. Diese Liebe treibt den Jünger an — wie sie auch unseren Herrn bewogen hat —, alles hinzugeben, zu leben, zu wirken und sich aufzuopfern, ja selbst den Tod zu erleiden, um die Menschheit zu retten. Das Leben des Apostels Paulus ist beispielhaft für diesen Geist. Er schreibt: “Christus ist mein Leben”, weil er durch sein Leben Christus den Menschen offenbart, “und Sterben ist mein Gewinn” — Gewinn für Christus. Philipper 1,21. Selbst der Tod würde die Macht der göttlichen Gnade bekunden und dem Herrn Seelen zuführen. Sein Wunsch war, daß “Christus verherrlicht werde an meinem Leibe, es sei durch Leben oder durch Tod”. Philipper 1,20. LJ 540.4
Lies Markus 10:46-52. Wie hat Bartimäus darauf reagiert, dass Jesus an ihm vorbeigegangen ist?
„Und Jesus begann und sprach zu ihm: Was willst du, daß ich dir tun soll? Der Blinde sprach zu ihm: Rabbuni, daß ich sehend werde! Markus 10:51
„Erst wenn der Sünder spürt, dass er einen Retter braucht, wendet sich sein Herz demjenigen zu, der ihm helfen kann. Als Jesus unter den Menschen wandelte, waren es die Kranken, die einen Arzt brauchten. Die Armen, die Bedrängten und Verzweifelten folgten ihm, um die Hilfe und den Trost zu erhalten, den sie anderswo nicht finden konnten. Der blinde Bartimäus wartet am Wegesrand; er hat lange auf die Begegnung mit Christus gewartet. Scharen von Menschen, die ihr Augenlicht besitzen, gehen hin und her, aber sie haben kein Verlangen, Jesus zu sehen. Ein einziger Blick des Glaubens würde sein Herz der Liebe berühren und ihnen den Segen seiner Gnade bringen; aber sie kennen die Krankheit und die Armut ihrer Seele nicht und spüren kein Bedürfnis nach Christus. Nicht so bei dem armen blinden Mann. Seine einzige Hoffnung liegt in Jesus. Während er wartet und wacht, hört er den Tritt vieler Füße und erkundigt sich eifrig: „Was bedeutet dieser Lärm? Die Umstehenden antworten, dass „Jesus von Nazareth vorbeikommt“. Mit dem Eifer einer großen Sehnsucht schreit er: „Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Sie versuchen, ihn zum Schweigen zu bringen, aber er schreit noch vehementer: „Du Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ Diese Bitte wird erhört. Sein beharrlicher Glaube wird belohnt. Nicht nur sein Augenlicht wird wiederhergestellt, auch die Augen seines Verstandes werden geöffnet. In Christus sieht er seinen Erlöser, und die Sonne der Gerechtigkeit scheint in seine Seele. Alle, die ihr Bedürfnis nach Christus so spüren wie der blinde Bartimäus und die so ernsthaft und entschlossen sind wie er, werden wie er den Segen erhalten, nach dem sie sich sehnen. RH März 15, 1887, par. 3
„Die Geplagten und Leidenden, die Christus als ihren Helfer suchten, waren von der göttlichen Vollkommenheit, der Schönheit der Heiligkeit, die in seinem Charakter aufleuchtete, bezaubert. Aber die Pharisäer konnten keine Schönheit in ihm sehen, die sie begehren würden. Sein einfaches Gewand und sein bescheidenes Leben, ohne äußeres Aufsehen, machten ihn für sie wie eine Wurzel aus dem Boden.“ RH März 15, 1887, par. 4
„Diejenigen, die Christus durch den Glauben empfangen, werden auch die Kraft erhalten, Söhne Gottes zu werden. „72 SD 126.5
Um in den Augen Gottes ein Christ zu sein, dürfen Sie sich niemals selbst loben, sondern müssen Gott und seine Güte preisen. Rühmen Sie niemals Ihre eigenen Interessen und Errungenschaften, sondern rühmen Sie sich derer Gottes. Versuchen Sie nie, Ihr Geschäft zu fördern, sondern immer das von Gott zu fördern. Bitten Sie niemals um Licht, damit Sie wissen, was Sie tun und wohin Sie gehen sollen, damit Ihr Geschäft, Ihre Interessen gedeihen, sondern bitten Sie Gott um Licht, damit er Ihnen hilft, die Sache zu tun oder an den Ort zu gehen, an dem Sie Seiner Sache am besten dienen können, damit er Sie führt und Sie lehrt, wie Sie Sein Reich voranbringen können. Dann, und nur dann, werden Sie feststellen, dass Sie nie etwas falsch machen! Jedes andere Motiv wird Sie dorthin führen, wo Gott Sie nicht haben will und wo Sie Ihre eigene Last unabhängig von Ihm tragen müssen.
Wenn die Dinge heute gegen den eigenen Willen und Weg laufen, geben die meisten Christen dem Teufel die Schuld. Nur wenn die Dinge so laufen, wie sie wollen, geben sie Gott die Schuld! Auch Bileam war glücklich, als sich der Weg für ihn öffnete, um zu Balak zu gehen, aber als der Engel des Herrn ihm den Weg versperrte, wurde Bileam wütend wie ein Hund und schlug den Esel.
Nein, nichts außer Ihnen selbst kann Gottes Pläne für Sie vereiteln. Seien es Ihre Freunde oder Ihre Feinde, seien es Tiere oder Könige, Sie werden feststellen, dass sie alle unwissentlich oder wissentlich eher für Ihr Wohl als für Ihr Leid arbeiten, wenn Sie Gottes Willen tun. Was für eine reiche Ressource der Himmel ist! Und wer weiß das schon!
Denken Sie daran, dass alles, was sich Ihnen in den Weg stellt, sei es das Rote Meer oder der Jordan, sei es ein Berg oder eine Wüste, zu Ihrem Sprungbrett wird.
Das ist die Gerechtigkeit des Herrn, und Sie können sie um den Preis Ihrer eigenen Gerechtigkeit haben. Dann werden Sie feststellen, dass die Wege des Herrn so viel höher sind als Ihre, wie der Himmel höher ist als die Erde. Wenn dies geschieht, dann werden nur Sie verständnisvoll sagen: „Der Herr ist unsere Gerechtigkeit.“
„Vielleicht werden sie hören und umkehren, jeder von seinem bösen Weg, dann wird mich das Unheil reuen, das ich ihnen zu tun gedenke wegen ihrer bösen Taten. Und zwar sollst du zu ihnen sagen: So spricht der Herr: »Wenn ihr nicht auf mich hört, daß ihr nach meinem Gesetz wandelt, das ich euch vorgelegt habe, und daß ihr auf die Worte meiner Knechte, der Propheten, hört, die ich zu euch sende, indem ich mich früh aufmache und sie [immer wieder] sende, ohne daß ihr [bisher] auf sie gehört habt, dann will ich dieses Haus wie Silo machen und diese Stadt zum Fluch für alle Völker der Erde.“ Jes. 26:3-6.